The Unknown Race Tag 2 oder Die Legende vom Sattelschmerz

Heho und so, Freunde des lustigen Pedalierens. 

Der Wecker klingelt um 5.30 Uhr und ich mache mich bereit. Anziehen, Zähne putzen, zwei Kaffee mit dem Instantpulver, welches im Zimmer steht und noch ein Pain au Chocolat von gestern. Kurz dehnen und runter zur Rezeption, wo ich gestern mein Fahrrad habe stehen lassen. Draußen trifft mich der Kälteschock. -1 Grad! Aber egal und raus aus Annecy. Beim kurzen Blick auf den Tracker sehe ich, dass die ersten Fahrer schon über den Checkpoint 2 sind. 

Es geht erst einmal ein Stück hinauf. Am Himmel ist keine Wolke und die ersten Radfahrer kommen raus. Ich treffe auf einige Gruppen, die mir entgegenkommen und einzelne andere überholen mich immer wieder.

Irgendwann nach einer langen Abfahrt geht es für mich zum ersten Mal an diesem Tag richtig hinauf zum Col de Plainpalais. Links neben mir scheint die Sonne über dem Gebirgskamm. Als ich eine Essens-Pause mache und meine Bein- und Armlinge ausziehe, halten zwei Gendarme neben mir und wollen interessiert wissen, ob ich Hilfe brauche, wo ich herkomme und wer ich bin? Ob ich ein Rennen fahre? Wir unterhalten uns 5 Minuten, während ich einen Happen esse und sie wünschen mir beide weiterhin viel Glück. 

Endlich geht es dann wieder abwärts Richtung Grenoble. Durch kleine Straßen schlängle ich mich durch Weinberge, die durch das verschneite Alpenpanorama im Hintergrund untermalt werden. 

In Grenoble angekommen, halte ich am ersten McDonalds an der Straße. Es ist jetzt schon ca. 15 Uhr und ich brauche etwas richtiges in den Magen und ein paar Vorräte für die restliche Etappe zum Checkpoint. Cola, Cheeseburger, Chicken-Nuggets, Eis. Ja, ich weiß selber, dass das sicherlich nicht die gesündeste Ernährung ist, aber es hat auch niemand gesagt, dass diese Rennen in irgendeiner Art gesund für den Körper sind. Also Hauptsache Kalorien in den Magen und raus aus der Stadt. Dabei bremsen mich immer wieder die roten Ampeln aus. In der Zwischenzeit gibt es eine Disqualifikation für einen Fahrer, der die roten Ampeln wiederholt überfahren hat. Gestern wurde deswegen auch schon einer vom Rennen ausgeschlossen. Die Veranstalter hatten extra darauf hingewiesen, dass wir uns im Ausland nach den Regeln richten sollen.

Wir regen uns ja auch so oft über andere Verkehrsteilnehmer auf und sollten vielleicht auch erstmal bei unseren Fehlern beginnen.

Nach Grenoble kommt eine längere flache Strecke und als es dann endlich wieder nach oben geht und langsam schon die Sonne verschwindet, entspinnt sich hinter mir auf dem Bergkamm ein wunderschönes Schauspiel der Natur. Die ganze Szenerie ist in rot-lila getaucht. Alles um mich herum ist ruhig. Nur der Wind weht leicht und die Vögel zwitschern leise.

Langsam wird es kalt und ich ziehe mich wieder lang an. Die Lichter am Fahrrad beginnen zu blinken und ich fahre Stück für Stück den Berg hinauf. Oben in der Dunkelheit angekommen, meldet sich mein Vater, dass sich mein Dot seit 2 Stunden nicht mehr bewegt. Dort unten hatte ich noch einmal eine kurze Einkaufspause im Supermarkt gemacht, um genug Vorräte für die Nacht zu haben. Bei der Überprüfung des Trackers fällt mir kein Fehler auf. Ich melde mich gleich bei den Organisatoren, die Entwarnung geben, da das bei einigen Fahrer heute auch schon der Fall war.

Ok, dann eben alles anziehen, was ich habe und hinunter in die 55 Kilometer lange Abfahrt, die mich an den Fuß des zweiten Checkpoints bringen soll. Langsam merke ich aber doch meinen Po. Auch weil ich jetzt wieder die Regenhose über der Radbib an habe und es dadurch ein paar Verwerfungen gibt. Ich erinnere mich an mein Leiden beim ersten Three Peaks Bike Race im Jahr 2021, als ich mir einige, rückblickend lustige Sachen, in die Shorts gesteckt habe, um die Schmerzen erträglicher zu machen. Lächle den Gedanken hier oben in der Kälte aber erst einmal weg. 

Ich komme durch kleine, ruhige Städtchen, in deren Bars und Restaurants noch Leben ist und an einem Staudamm vorbei der im Vollmond glitzert. Wunderschön ist das einzige Wort das mir dazu einfällt.

Immer wieder überlege ich mir, ob es vielleicht doch sinnvoller wäre, eine Unterkunft zu nehmen oder mich einfach in eine Hütte in meinen Schlafsack zu werfen. Aber irgendwie ist meine Laune heute so gut, dass ich weiterfahren will. Es geht hoch zum Col de Perty. Völlig alleine, nur mit meinen blinkenden Lichtern und Musik im Ohr, fahre ich langsam zum Gipfel. Das Thermometer zeigt mittlerweile nur noch -4 Grad an. Gut, dass ich Winterhandschuhe mit habe. Nach einer Stunde bin ich endlich oben und weiß jetzt endlich, wie es weitergeht. Ich ahnte schon, dass die weitere Strecke durch und ins französische Zentralmassiv führt. Kurz überlege ich jetzt um 3 Uhr nachts, ob ich hier oben übernachten sollte, um vom Sonnenaufgang und dem Anblick des Mont Ventoux in der Ferne geweckt zu werden. Aber ich entscheide mich für die frostige 18-Kilometer-Abfahrt und lege mich zitternd und mit steif gefrorenen Füßen irgendwo bei Saint-Auban-sur-I’Ouvèze um 4 Uhr in eine Bushaltestelle um kurz ein bisschen Schlaf zu erhaschen. Der nächste Checkpoint ist noch 350 Kilometer von mir entfernt. 

Aber jetzt erstmal Schlafen, denke ich mir…

The Unknown Race Day 2 or The Legend of Saddle Sore

Heho and so, friends of fun pedalling. 

The alarm clock rings at 5.30am and I get ready. Get dressed, brush my teeth, have two coffees with the instant powder in the room and another pain au chocolat from yesterday. A quick stretch and down to reception, where I left my bike yesterday. Outside I get a cold shock. -1 degrees! But never mind and out of Annecy. I take a quick look at the tracker and see that the first riders have already passed checkpoint 2. 

First we go up a bit. There is not a cloud in the sky and the first cyclists come out. I meet some groups coming towards me and single others overtake me again and again. At some point, after a long descent, I really climb up to the Col de Plainpalais for the first time that day. To my left, the sun shines over the ridge. As I take a break for lunch and take off my leg and arm warmers, two gendarmes stop next to me and want to know with interest if I need help, where I come from and who I am? Am I racing? We talk for 5 minutes while I have a bite to eat and they both wish me good luck. 

Finally, I start descending again towards Grenoble. Through small roads I wind my way through vineyards, highlighted by the snowy Alpine panorama in the background. 

Arriving in Grenoble, I stop at the first McDonalds on the road. It’s now about 3pm and I need something proper in my stomach and some supplies for the remaining leg to the checkpoint. Coke, cheeseburger, chicken nuggets, ice cream. Yes, I know myself that this is certainly not the healthiest diet, but nobody said that these races are in any way healthy for the body either. So the main thing is to get calories into my stomach and get out of town. In the process, the red lights keep slowing me down. In the meantime, there is a disqualification for a rider who repeatedly ran the red lights. Yesterday, someone was already disqualified from the race because of this. The organisers had specifically pointed out that we should follow the rules abroad.

We often get upset about other road users and should perhaps start with our own mistakes.

After Grenoble, there is a long flat stretch and when it finally goes up again and the sun is already slowly disappearing, a wonderful spectacle of nature unfolds behind me on the mountain ridge. The whole scenery is bathed in red-purple. Everything around me is quiet. Only the wind blows gently and the birds chirp softly. Slowly it gets cold and I put on long clothes again. The lights on the bike start flashing and I ride up the mountain bit by bit. Arriving at the top in the darkness, my father reports that my Dot hasn’t moved for 2 hours. Down there I had made another short shopping stop at the supermarket to have enough supplies for the night. Checking the tracker, I don’t notice any error. I immediately contact the organisers, who give the all-clear, as this was already the case with some riders today.

Ok, so I put on everything I have and descend into the 55 kilometre long descent that should bring me to the foot of the second checkpoint. Slowly I start to notice my bottom. Also because I’m now wearing the rain pants over the cycling bib again and there are a few distortions as a result. I remember my suffering at the first Three Peaks Bike Race in 2021, when I put some, in retrospect funny things, into my shorts to make the pain more bearable. Smile the thought away for now up here in the cold though. 

I pass through small, quiet towns whose bars and restaurants are still alive. Again and again I consider whether it might make more sense to take shelter or just throw myself into my sleeping bag in a hut. But somehow my mood is so good today that I want to continue. Up to the Col de Perty. Completely alone, with only my flashing lights and music in my ears, I slowly drive to the summit. In the meantime, the thermometer shows only -4 degrees. It’s good that I have winter gloves with me. After an hour I am finally at the top and now I finally know what to do next. I already suspected that the rest of the route would lead through and into the French Massif Central. Briefly, at 3 a.m., I now consider whether I should spend the night up here, to be woken up by the sunrise and the sight of Mont Ventoux in the distance. 

But I decide to take the frosty 18-kilometre descent and, shivering and with stiffly frozen feet, lie down in a bus stop somewhere near Saint-Auban-sur-I’Ouvèze at 4 a.m. to catch a little sleep. The next checkpoint is still 350 kilometres away. 

But now let’s sleep, I think to myself…

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