Grevet Berlin Ikarus oder „Ich fühl mich Brandenburg“

Heho und so, Freunde des lustigen Pedalierens.

Der April war sehr ereignisreich und deshalb war ich auch immer beschäftigt. Die Vorbereitung für und das “The Unknown Race” ansich, dann das liebe Arbeiten. Huch, ja, ich arbeite immer noch und muss Geld verdienen. Auch wenn mich immer wieder Leute ansprechen, dass ich ja nur unterwegs bin. Leider ist Lesen in unserer schnellen Internetwelt nicht mehr so modern und die Blogschreiberei wirft nicht so viel Geld und Sponsorenverträge ab (mit anderen Worten keines), wie ich mir das gern in meinen Träumen ausmale. Mein Schwager Victor (Ja, der, der kein richtiger Mensch ist) sagt, ich solle mal TikTok machen. Naja, vielleicht kommt Facebook bald wieder. Aber ich schweife ab.

Ich entscheide mich Samstag Abend 23 Uhr, am nächsten Tag nach Dresden zu fahren und mit dem Zug weiter Richtung Berlin zur ersten Runde bzw. zur letzten Teilnahmemöglichkeit des “Grevet Berlin“, der den ganzen April lief. Ikarus ist die Überschrift dafür. Eine Schnitzeljagd durch Berlin und Brandenburg mit einzelnen Stopps und Rätseleinlagen. Schnell noch die Kette ölen, und ich greife jetzt vor, es wird nicht viel bringen und dann starte ich im Lilienthalpark in Lichterfelde. Aufmerksame Leser haben jetzt schon eins und eins zusammengezählt bei den Worten – Ikarus und Lilienthal – und welches Grundthema das beinhalten könnte.
Da ja der diesjährige Frühling endlich mal so ist, wie der Frühling noch vor ca. 20 Jahren normal war, regnet es in Strömen. An einer kleinen Bäckerei sehe ich eine Gruppe Radfahrer ihr Gepäck verschnüren. Als ich an einer Kreuzung stehen bleibe, fahren sie an mir vorbei. Anfangs kreuzen sich unsere Wege immer wieder. Auch andere Teilnehmer stehen am Wegesrand und flicken schon Reifen. Für mich geht es jetzt erstmal durch ausgedehnte Parkanlagen und auf Ziehwegen an Autobahnen entlang, um aus der Stadt herauszukommen. Irgendwann kommen auch die typischen Plattenstraßen und endlich auch nach Potsdam die schotterigen Waldwege.

Dort, irgendwo im Wald bei ca. Kilometer 40, kommt der erste Checkpoint. Wir sollen benennen, was dort im Wald für spätere Zeiten eingelagert wird. Eine Gruppe Männer steht auch schon da. Ein kurzes Gespräch entspinnt sich und ich sehe wohl so aus, als wenn ich Ahnung habe. Naja, “Ahnung” ist so ein großes Wort. Eigenlich weiß ich ja generell nichts! Die Kunst ist es ja, den Eindruck zu vermitteln. Jedenfalls machen wir alle ein Foto vom Lagerplatz, auf dem die Telekom Hunderte ausrangierte Telefonzellen abgestellt hat.


Langsam knurrt mir der Magen. Bloß gut, dass in 2 Kilometer Entfernung eine Tankstelle kommt. Dort gibt es für mich erstmal eine Käääppppooootscheinoooo und eine Bockwurst mit dem guten Bautzner Senf. Die anderen Jungs kommen auch direkt hinter mir.

Es fängt wieder heftig an zu regnen. Ich fahre weiter in den Wald hinein, um gleich darauf beim zweiten Checkpoint anzukommen. Der Turm auf dem Wietkiekenberg (125m). Dort sollen wir herausfinden, wie weit der Südpol weg ist. Man kann ihn von hier aus sicherlich sehen, wenn nicht die Alpen und die Erdkrümmung zwischen uns wären und man gute Augen hat. Aber hier ist nur Regen und Nebel über den Bäumen. Die Zahl habe ich mir natürlich “nicht” gemerkt. Ich glaube 14000 Kilometer. Denn ich habe hier schon die Schnauze voll. Die Nässe und der Sand in Brandenburg kratzen nicht nur an meinen Nerven, sondern auch meine Kette und Bremsen machen sich lautstark bemerkbar. Wie kann ich nur jedes Jahr aufs Neue die preußischen Sand- und Sumpfgebiete vergessen. Ich hasse sie!

Irgendwann lichtet sich der Wald und ich komme über Felder und durch ausgedehnte Obstplantagen. Heute ist wohl ein Festtag und eine Menge Leute sitzen unter blühenden Apfelbäumen. Es ist Obstblütenfest und die Leute geben sich reihenweise die Kante mit Obstwein. Toll, denke ich mir, da ja mein Nervenkostüm sowieso schon leicht angeknackst ist. Jetzt können die alle auch noch saufen und ich muss (kann) Rad fahren. Ich hasse Menschen! Und fröhliche Menschen sind noch schlimmer. Dieses Bundesland auch noch dazu. So flach. Ich hasse Flach! Da sieht man die ganze Zeit, was in 10 Kilometern Entfernung ist. Nämlich keine Überraschungen, eine Kurve! Es gibt nichts Schlimmeres. Außer vielleicht Meck-Pomm. Dazu schreiben mir auch noch Leute aus der Ecke, die ich kenne, dass ich doch mal kurz auf ein Getränk beim Fest anhalten soll und es ihnen ja gerade echt gut dort geht. JAAAAAA, DANKE. DAS HILFT MIR GERADE UNGEMEIN MEINE LAUNE ZU VERBESSERN! ICH FAHR HIER SOWAS WIE EIN RENNEN, EY!!!! Wenigstens scheint die Sonne und nach einem kurzen, lauten cholerischen Ausraster irgendwo in der Einöde geht es dann auch wieder. Zum Glück hat mich keiner dabei gesehen. Die Leute würden denken, ich habe einen am Helm, wenn ich wie Rumpelstilzchen herumhüpfe und schreie.

Irgendwann komme ich bei Checkpoint 3 an. Otto Lilienthal hat hier auf dieser kleinen Anhöhe ab 1891 als erster Mensch Flug- und Gleitversuche gestartet. Die Aufgabe ist, ein Foto von der Skulptur zu machen und welcher Partner erster Zeuge seiner Versuche war. Der Meteorologe Carl Kassner bekam damit auch neue Erkenntnisse über Strömungen und Wetterverhalten.

Das Wetter ist jetzt schön. Die Landschaft eher langweilig. Aber das kann man sich ja manchmal nicht aussuchen. Brandenburg halt. Irgendwann kommt eine scharfe Kurve und ich habe endlich keinen Gegenwind mehr. Ab jetzt geht es rasant voran. Bis ich 10 Minuten später wieder ausgebremst werde und ich mit der Fähre über die Havel muss.

Also nochmal Luft holen und dann zum letzten Gefecht. Durch große Windparks hindurch, düse ich über Feldwege. Immer begleitet durch das schaben und kratzen meiner Kette, die mittlerweile durch die Sonne eine Kruste von Öl, Sand und anderen Bestandteilen Brandenburgs hat. Mein armes Rad. Wir beide fühlen uns jetzt wirklich gebrandenburgt.

Irgendwann komme ich dann an Checkpoint 4 an und mache schnell ein Foto der Mitfahrerbank. Hier ist nicht viel zu sehen, außer eine Frau, die mich anschreit, dass ich sie in Ruhe lassen soll. Ich glaube, sie ist etwas verwirrt. Vielleicht kommt sie gerade vom Obstblütenfest heim. Wer weiß.

Ein paar Kilometer weiter komme ich wieder nach Potsdam hinein und von dort in ausgedehnte Wälder und über klassische flache Singletrails.

Über die Landeshauptstadt Brandenburgs und was der Alte Fritz hier alles gebaut hat, schreibe ich vielleicht später etwas. Nur soviel, es ist doch ganz schön hier.
Was mir aber im Wald passiert, ist viel wichtiger. Irgendwo an einer Kurve kommen mir zwei E-Mountainbiker entgegen. Eher halten sie wie in Zeitlupe, nebeneinander, auf mich zu. Die Frau weicht auch nicht aus. Nein, ich muss ausweichen. In den Wald! AAAAAALTEEEEEEE, gehts noch? Warum ein E-Mountainbike in Brandenburg? Ihr habt hier keinen nennenswerten Berg. Noch dazu sollte man evtl. auch sein Fahrrad unter Kontrolle haben. Aber sie waren zumindest sehr sportlich elegant angezogen.

Nach dem ganzen Ärger komme ich dann wieder völlig dehydriert am Ziel an und mache noch ein Foto von meinem geschundenen Rad und mir an dem Denkmal, das Otto Lilienthal gewidmet ist. Dann noch ne Cola und ein Eis an der Tanke und ab nach Dresden.

Am Ende muss ich dann aber doch gestehen, ich fühle mich heute zwar Brandenburg, aber die Runde war doch ganz angenehm und ich bin zufrieden mit mir und der Welt. Es war halt eine typische Typ-2-Spaß-Runde. Aber zu diesem Typ schreibe ich demnächst mal einen kleinen Beitrag.

Grevet Berlin Ikarus or „I feel Brandenburg“

Heho and so, friends of fun pedalling.

April was very eventful and therefore I was always busy. The preparation for and the „The Unknown Race“ itself, then the dear working. Oops, yes, I still work and have to earn money. Even though people keep telling me that I’m just on the road. Unfortunately, in our fast internet world, reading is no longer so fashionable and blogging doesn’t yield as much money and sponsorships (in other words, none) as I like to imagine in my dreams. My brother-in-law Victor (yes, the one who isn’t a real person) says I should try TikTok. Well, maybe Facebook will come back soon. But I digress.

I decide on Saturday evening 11pm to go to Dresden the next day and continue by train towards Berlin for the first round, or rather the last chance to take part in the „Grevet Berlin“, which ran the whole of April. Ikarus is the headline for it. A scavenger hunt through Berlin and Brandenburg with individual stops and puzzle interludes. Quickly oil the chain, and I’m getting ahead of myself now, it won’t do much good, and then I start at Lilienthalpark in Lichterfelde. Attentive readers have already put one and one together at the words – Ikarus and Lilienthal – and which basic theme this might contain.
Since this year’s spring is finally like spring used to be about 20 years ago, it is raining cats and dogs. At a small bakery I see a group of cyclists tying up their luggage. When I stop at a crossroads, they pass me. At first our paths cross again and again. Other cyclists are also standing at the side of the road and are already repairing tyres. For me, the route now leads through extensive parks and along motorways to get out of the city. At some point, I reach the typical flat roads and finally, after Potsdam, the gravel forest roads.

There, somewhere in the forest at about kilometre 40, comes the first checkpoint. We are supposed to name what is stored there in the forest for later. A group of men is already there. A short conversation ensues and I look as if I have a clue. Well, „clue“ is such a big word. I don’t really know anything! The trick is to give the impression. Anyway, we all take a photo of the storage area where the Telekom has put hundreds of discarded telephone booths.
My stomach is starting to rumble. It’s a good thing there’s a petrol station 2 kilometres away. There I get a Kääppppooootscheinoooo and a bockwurst with the good Bautzner mustard. The other boys come right behind me.

It starts to rain heavily again. I ride further into the forest and arrive at the second checkpoint. The tower on the Wietkiekenberg (125m). There we are supposed to find out how far away the South Pole is. You can certainly see it from here, if the Alps and the curvature of the earth weren’t between us and you had good eyesight. But here there is only rain and fog over the trees. I „didn’t“ remember the number, of course. I think it’s 14,000 kilometres. Because I’m already fed up here. The wetness and sand in Brandenburg not only grate on my nerves, but my chain and brakes are also making themselves heard. How can I forget the Prussian sand and marshes every year. I hate them!

Eventually the forest clears and I pass fields and extensive orchards. Today must be a festival day and a lot of people are sitting under blossoming apple trees. It’s the fruit blossom festival, and people are drinking fruit wine in rows. Great, I think to myself, since my nerves are already a bit shot. Now they can all drink too and I have to (can) cycle. I hate people! And happy people are even worse. This federal state, too. So flat. I hate flat! There you can see all the time what’s 10 kilometres away. Namely, no surprises, a curve! There’s nothing worse. Except maybe Meck-Pomm. On top of that, people I know in the area write me that I should stop off for a drink at the festival and that they’re doing really well there right now. YES, THANK YOU. THAT HELPS ME IMMENSELY TO IMPROVE MY MOOD! I’M KIND OF RACING HERE, EY!!!! At least the sun is shining and after a short, loud choleric freak-out somewhere in the wasteland, I’m okay again. Luckily no one saw me do it. People would think I had one on my helmet if I jumped around and screamed like Rumpelstiltskin.

At some point I arrive at Checkpoint 3. Otto Lilienthal was the first person to start flight and glide experiments here on this small hill from 1891. The task is to take a photo of the sculpture and which partner was the first witness to his attempts. It also gave meteorologist Carl Kassner new insights into currents and weather behaviour.

The weather is nice now. The landscape rather boring. But sometimes you can’t choose. Brandenburg, that’s all. At some point there is a sharp bend and I finally have no more headwind. From now on it’s a fast ride. Until I’m slowed down again 10 minutes later and have to take the ferry across the Havel. So I catch my breath again and then I’m off for the last battle. I ride through large wind farms and along country lanes. Always accompanied by the scraping and scratching of my chain, which by now has a crust of oil, sand and other Brandenburg components due to the sun. My poor bike. We both feel really Brandenburg now.

At some point I arrive at Checkpoint 4 and quickly take a photo of the passenger bench. There’s not much to see here, except a woman yelling at me to leave her alone. I think she is a bit confused. Maybe she’s just come home from the fruit blossom festival. Who knows.

A few kilometres further on I enter Potsdam again and from there into extensive forests and over classic flat single trails. Maybe I’ll write something later about the capital of Brandenburg and what the Old Fritz built here. Just so much, it’s quite beautiful here.
But what happens to me in the forest is much more important. Somewhere around a bend, two e-mountain bikers come towards me. Rather like in slow motion, they stop side by side, heading towards me. The woman doesn’t swerve either. No, I have to swerve. Into the forest! AAAAAALTEEEEE, are you still there? Why an e-mountain bike in Brandenburg? You don’t have a mountain worth mentioning here. What’s more, you should possibly have your bike under control. But at least they were dressed very sporty and elegant.

After all the trouble, I arrive at my destination completely dehydrated and take a photo of my battered bike and myself at the monument dedicated to Otto Lilienthal. Then a Coke and an ice cream at the petrol station and off to Dresden.

In the end I have to admit that I feel like Brandenburg today, but the ride was quite pleasant and I am happy with myself and the world. It was just a typical type 2 fun round. But I’ll write a little article about this type soon.

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