Heho und so, Freunde des lustigen Pedalierens.
Ich wache am Sonntag bei Kälte und Regen auf. Nicht schön. Ich bin froh, dass ich dieses Mal meine dicke Daunenjacke mitgenommen habe. Die ist Gold wert! Aber erstmal etwas zu Essen und einen Käääpppoootscheinooo finden. Sonntag früh um 5 Uhr ist das relativ schwierig. Irgendwann kommt ein kleiner Bäcker. Da gibt es wenigstens Kaffee und ein trockenes Brötchen, sowie eine Laugenstange.
Bei dem Wetter macht es gerade gar keinen Spaß und schlimme Erinnerungen an letztes Jahr kommen auf, als ich die gesamten Alpen nur gefroren habe. So sinkt meine Motivation gerade ins Bodenlose und ich muss mich einfach zwingen weiterzufahren. Wir Langstreckenfahrer, wenn ich mich so nennen darf, wissen, dass man einfach weiterfahren muss und es irgendwann besser wird. Das kann man nicht richtig erklären. Vor 5 Minuten könnte man schreien und fluchen und im nächsten Moment weiß man gar nicht mehr, was man gerade hatte und man könnte ewig so weiterfahren. So, als wenn einem etwas quer im Magen gelegen hätte. Dabei liegt das gar nicht am Körper, sondern ist eine rein mentale Sache.
Aber endlich kommt, nach viel Gegenwind und Regen im
Gesicht, um 10 Uhr eine Tankstelle. Dort sammeln sich schon seit Stunden die Radfahrer. Auch Marlene und ihr Bruder halten hier wieder an. Ein Franko-Belgier, einer Schweizerin und ein Franzose sitzen dann zusammen und jeder erzählt die ersten Anekdoten. Danach geht es wieder auf für mich. Auf einem Marktplatz hält mich ein Mann an und fragt, ob wir ein Brevet, also eine Langstreckenfahrt, absolvieren? Die gleiche Erklärung zum Rennen und die gleiche ungläubige Reaktion. Einige Fragen zum Rennen und zu meinem Gepäck. Zum Abschied viel Glück und dass er mich beobachten wird!
Als nächstes kommt der Katschberg. Richtig böse ist der! 5 km bei 12,3 Prozent Durchschnitt. Die letzten 1,5 Kilometer sogar mit 15 Prozent. Marlene macht mir glücklicherweise die Bahn frei. Alle schnaufen schwer, aber nach einer Stunde sind wir endlich oben und auf der anderen Seite kommt endlich das gute Wetter und die Sonne raus. Endlich Wärme die ich mir gewünscht habe! Das werde ich evtl. in den nächsten Tagen noch bitter bereuen. Jetzt geht es rein nach Kärnten. Aber auch hier, viel Gegenwind auf langen Geraden. Irgendwann um 16 Uhr lege ich mich in einen kleinen Park auf einen Tisch. Kurzer Napp und dann weiter. Bis Lienz zieht es sich, aber dann erscheint das goldene M am Himmel. „Der Messias ist uns erschienen“ schreie ich. Dort sitzen natürlich schon einige. Und anscheinend gibt es in dem Ort auch kein anderes Restaurant. Denn hier ist es Rappelvoll. Die ganze Stadt will Fastfood. Schnell drei Cheesies, ne Cola und ein Eis rein und weiter zur Tankstelle nebenan. Dort noch einen Käääpppoootscheinooo, was süßes und was nachhaltiges für die Nacht. Schnell bei den Eltern und meiner Schwester anrufen, die zufällig auch gerade mit ihrem Freund Victor (ja, der Chilene, der kein richtiger Mensch ist 😉 ) in Nizza bei einer Hochzeit ist.
40 km, leicht bergauf, geht es jetzt immer an der Drau entlang, direkt rein ins tiefste Tirol. Die Nacht ist noch warm und jetzt auch windstill. Bis Sillian, kurz vor der italienischen Grenze komme ich. Dort schlage ich meine Nachtlager am Bahnhof unter einem kleinen Dach auf. Als ich fertig in meinem Biwaksack liege, kommt ein Mann um die Ecke. Er erschrickt vor mir wohl mehr, als ich vor ihm. Danach noch ein anderer und dann noch weitere zwei Männer. Diese Vier gehen immer wieder im Gang kreuz und quer, kommen und gehen wieder.
Das wird mir jetzt zu heiß. Nicht, dass ich hier in einen Drogenumschlagplatz geraten bin. Österreicher sind die vier dunklen Gestalten nämlich nicht!
Ich packe schnell mein Zeug und fahre weiter in den kleinen Ort und lege mich da unter das Dach eines kleinen SPAR-Marktes. Das reicht mir für heute. Die Leute auf dem Balkon nebenan, sehen meinem Treiben interessiert zu, aber irgendwann schlafe ich einfach ein.