Three Peaks Bike Race Tag 3 oder Der Duft der Dolomiten

5.30 Uhr klingelt meine Armbanduhr. Aufstehen, zusammenpacken und los, Richtung Italien. Aber erst noch ein kurzer Stop an der Tankstelle um etwas zu essen. Sandwich und natürlich Käääpppoootscheinooo! Noch was Süßes für unterwegs und Zähneputzen nicht vergessen. Danach rein ins wunderschöne, tiefste Südtirol. Die Dolomiten sind schon ganz nah. Mächtig türmen sich die Spitzen auf. Die muss ich erstmal umfahren um zum Parcour von Checkpoint 1 zu gelangen. Es ist relativ kalt am Anfang, doch das ändert sich sehr schnell als die ersten Sonnenstrahlen über die Berge schauen. Irgendwann geht es endlich nach oben. Die Strecke führt Richtung Cortina d’Ampezzo, den Ort der zukünftigen olympischen Winterspiele 2026. Vorher muss ich aber noch Richtung Tre Cime di Lavaredo, oder auch Drei Zinnen, abbiegen! Das Wahrzeichen der Dolomiten schlechthin! Unten an der Kreuzung habe ich so geplant, dass ich nach dem Parcour wieder vorbeikomme. Also werfe ich all mein Gepäck was ich nicht brauche in einen Busch und verstecke es mir ein paar Ästen. Weniger Gewicht heißt, leichter den Berg hoch.

Robby, der Franko-Belgier macht das auch so. Nutze die Regeln zu deinem Vorteil, sage ich immer!

Jetzt geht es die ersten 10 Kilometer nach oben. Der erste Bergsee kommt, als ich über den Col Sant‘Angelo bin und ich biege Richtung Drei Zinnen ab. Jetzt geht es richtig los! Der erste Kilometer bis zum nächsten See ist ein kleiner Vorgeschmack auf den Rest oben. 12% tun wieder weh. Eine Gruppe älterer Mountainbiker/-innen fährt mit mir. Die haben auch ordentlich zu beißen. Dann fährt man wieder flach an einem kleinen See vorbei und es wird wieder sehr schnell, sehr steil. Ab dort stehen dann die Autos im Stau. Man kann nach oben fahren und muss ne 30€ Maut zahlen um bis zum Rundweg zu kommen. Toll für die Leute mit Birkenstockschuhen und kleinem Hund. Schlecht für die Natur und die Alpen. Hannibal ist da vor ein paar Jahren zu Fuß und mit Elefanten drüber gelaufen. Aber das war auch auf der französischen Seite. Ich fahr einfach an all den genervten Autofahrern vorbei. Der Spaß hat hier jetzt aber wirklich ein Ende und es geht auf 4 Kilometer 12-14% nach oben. Auch in den Serpentinen. Viele Fahrer kommen mir hier entgegen und feuern mich an. Allez Allez oder hopp hopp. Man kann den Parcour fahren, wie man möchte, aber ich habe den Eindruck dass fast alle erst auf die Drei Zinnen fahren. Kurz vor dem Gipfel mache ich am Rand nochmal Fotos vom Panoramablick. Da hupt mich ein entgegenkommender Bus an, dass ich doch bitte zur Seite gehen soll, weil hinter mir ein Auto warten muss. Oh, Entschuldigung. Ich wusste nicht dass die Straßen nur für Motorbetriebene Fahrzeuge da sind. Ganz nebenbei wüsste ich auch nicht wo ich hin soll. Über die Mauer springen und den Abhang runter? Leute gibt’s… Endlich oben angekommen hat man einen noch herrlicheren Panoramablick. Man kann Auronzo, die Candinispitzen und den Monte Cristallo sehen. Spektakulär!!!

Danach geht es für mich abwärts. Robby kommt mir schiebend entgegen. Marlene und Yannik beißen sich im Wiegetritt hoch. Auch ich feuere alle an die mir entgegen kommen. Unten hat die Gendarmerie die Auffahrt gesperrt. Für noch mehr Autos ist das Plateau oben nicht ausgelegt.

Für mich  geht es jetzt aber  erstmal abwärts ins zukünftige Olympiadorf. Es ist Mittag und mein Magen meldet sich. Als ich nach einem Restaurant Ausschau halte, steht plötzlich ein anderer Fahrer neben mir. Wir einigen uns spontan darauf, zusammen zu essen.Im ersten Restaurant ist die Küche noch geschlossen. So viel Zeit haben wir aber nicht. Wir finden eine schöne Pizzeria und essen und trinken da etwas. Er kommt aus dem Chiemgau und hat schon mittlere Probleme mit dem Knie. Er will die Route über Bozen fahren, direkt über den Passo di Giau, den wir jetzt noch erklimmen müssen. Ich fahre dagegen wieder zurück und über den Brennerpass nach Österreich zurück. 

Unsere Wege trennen sich auf dem Marktplatz. Dabei werde ich von der Polizei angehupt, die mir entgegen kommt . Fahrrad fahren im Fußgängerbereich und aus der Einbahnstraße heraus. Habe ich gar nicht gesehen. Ich setze mein liebstes Lächeln auf und sage das ich noch den Passo Giau hoch will. Der Polizist lacht und lässt mich weiterfahren. Danke, sehr gnädig.

Es ist jetzt richtig heiß! Erstmal muss ich bis Pocòl kommen. Also knapp 7 km Auffahrt, die gut zu fahren sind, danach geht es wieder 11 km bei 7% nach oben zur Passhöhe. Die Steigung ist machbar. Alles bis 8% kann man einigermaßen rund pedalieren, aber die Hitze ist heute ein großes Problem. Trinken, trinken und trinken ist die Devise. Nur eine Wasserstelle muss man eben finden. Glücklicherweise kommt irgendwann ein Bergbach. Also Kopf und Wasserflaschen drunter und abgekühlt geht es weiter. Endlich oben angekommen, warten schon die Fotografen und machen ein paar Bilder. Ein kurzes Gespräch wie es mir geht und dann weiter in die Abfahrt zurück, mit den Worten: „Time is money!“ Auch hier kommen mir wieder viele entgegen und bekommen aufmunternde Rufe zu hören. Alle freuen sich und grüßen zurück. Für mich geht es jetzt über einen 20 Kilometer langen Pass zurück nach unten und Richtung Brenner. Vorher noch schnell das Gepäck aufnehmen und na klar, sitzt da nur einen Meter weg, ein einzelner Mann im Campingstuhl allein im Wald und liest ein Buch. Er hat aber mein Gepäck glücklicherweise nicht bemerkt und schaut nur komisch, als ich das alles aus dem Gebüsch zerre. Also alles wieder dran schrauben und weiter ins tiefste Südtirol.

In einer kleinen Stadt tanke ich essen und Getränke auf und gehe noch schnell in den örtlichen Elektroladen. Mir ist mittlerweile aufgefallen, dass ich meinen Ladestecker für sämtliche Geräte in der Unterkunft in Wien gelassen habe. Schön an Südtirol ist die Zweisprachigkeit. Ein Mischmasch aus Italienisch und Österreichisch ist hier überall zu hören. Ich setze mich auf eine Bank neben einer kostenlosen Aufladestation für E-Bikes und lade gleich einige Geräte, solange ich esse. Alles aufgereiht nebeneinander auf der Bank. Ich muss nochmal schnell zum Fahrrad um was zu holen und ein Mann und zwei Frauen mit Rad setzen sich genau auf diese Bank. Warum sie sich nicht auf die Bank einen Meter daneben setzen, ist mir dabei schleierhaft. Ich räume meinen Platz und mache eine halbe Stunde Pause. Erster Checkpoint geschafft denke ich mir und das Wetter soll weiterhin halten. Letztes Jahr um diese Zeit bin ich auch über den Brenner und am nächsten Tag hinter Innsbruck kam das große Unwetter. Ich fahre weiter Richtung Brixen um dann kurz vorher wieder nach Österreich abzukippen. Der Brenner lässt sich ja relativ einfach fahren. Fast schon alles mit dem großen Blatt. Nur am Ende, kurz nach Sterzing wird es etwas steiler. 

Unten in Franzensfeste am Bahnhof mache ich nochmals Pause und telefoniere mit einigen Leuten. Letztes Jahr um diese Zeit war hier richtig was los und Party. Leider hat wohl die kleine Bar, Corona nicht überlebt. Ich ziehe mir einen Kaffee und noch etwas süßes aus dem Automaten und fahre dann weiter. Die Nacht ist wieder sommerlich warm, nur der Wind drückt leider wieder etwas ins Gesicht. In Freienfeld, ungefähr der Hälfte, lege ich mich im Bahnhof auf meine Matratze, habe sogar Glück das es eine Steckdose gibt und schlafe ein. Der Rest vom Brenner kommt morgen und der Arlberg ruft auch schon leise. Gute Nacht

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert