#Ultra500 Teil 2 oder endlich mal hike with bike

Heho und so, Freunde des lustigen Pedalierens.

Es geht in die Berge oder eher erstmal Hügel. Raus aus Zwickau geht es stetig nach oben. Manchmal über kleine Anhöhen die nur einen 500 m-Bogen von der Straße weg führen, nur um dann wieder auf selbige zu kommen. Komische Wegführung. Koppeln auf Feldern gibt es jetzt auch genug. Die Bauern haben hier ihr Land so abgesteckt, dass wir leider nicht mehr darüber kommen. Durch Privatbesitz und fremde Gärten wollen wir nicht. Das nervt auch irgendwann die Anwohner. Deshalb umfahren wir einige Sachen auf Eigeninitiative. Der erste gröbere Anstieg der richtig scharf und mit losen Steinen übersät ist, wartet auf uns. Antje flucht hier das erste Mal, dass das nicht fahrbar ist. Ich quäle mich mit meiner One-Buy-Bergschaltung nach oben. One-Buy bedeutet, dass ich ein Kettenblatt vorne habe. Geht schon irgendwie, wenn man will. Die Beine haben ja auch noch Power. Oben drüber finden wir den Besitzer der Badelatschen. Er sitzt auf einem Jägerhochsitz und genießt die Aussicht. Er gibt uns ein paar Gummitierchen ab und zusammen geht es erstmal in die Abfahrt nach Schneeberg. Dort biegt er ab zum Netto und wir quälen uns den nächsten 20%-Griepel (sächsisch für Miststück oder so, ausgesprochen mit rullenden R [Grieüpel]) hoch. Man Man Man, Mirko. Was machst du mit uns. Immer wieder geht es hoch und runter. Teils über Wege die durch die Forstarbeiter teilweise sehr kaputt gemacht wurden. Tiefe Harvesterspuren sind auf den Waldwegen. Das ist dann leider nicht mehr Fahrbar und man muss schieben oder tragen. Aber ok. Ich kenne und mag das zum Teil. Gravel ist halt nicht gleich gravel. Nicht alle in unserer Whatsapp-Gruppe sehen das so. Irgendwann im tiefen Gestrüpp, höre ich Antje aufschreien. Ich hab schon Angst um sie, bis ich sehe, dass sie Walderdbeeren gefunden hat und sich erstmal den Magen vollschlägt. Sie unterstreicht das mit den Worten:”Wenn man auffüllen kann, sollte man auffüllen!” Weise Worte, denke ich mir. 

Es geht weiter und wir kommen zur Auffahrt zum Fichtelberg. Der höchste Punkt unserer Tour. Es ist 18 Uhr und ich habe langsam Hunger. Mein Körper schreit nach Energie. Antje fährt allein weiter, weil sie im Gegensatz zum Bergauffahren (man hat die gute Bergbeine), nicht so gut abfahren kann und gerne noch bei Tageslicht runter fahren möchte. Ich fahre 3 km in den nächsten Ort und gönne mir einen Dürüm und ne eiskalte Coke. Die beste Entscheidung für mich, denn jetzt geht es 14 km nach oben. Anfangs noch recht Flach. Doch irgendwann treffe ich nach einer Kurve auf einen Waldarbeiter, dem ich fast in den Bagger schlittere, weil er den Wanderweg völlig umackert. Danach komme ich glücklicherweise wieder auf die alte Fichtelbergstraße, die teils geteert ist. Bis Oberwiesenthal geht das so und ab dort kommen wieder einige böse Schiebeeinlagen. Antje schreibt mir, dass sie schon oben ist und gleich wieder, aufgrund der Lichtverhältnisse, abfahren will. Kein Problem, sie soll nicht auf mich warten. Ich hole sie dann sicher wieder ein. Die einzigen Gefährten, die ich jetzt habe, sind tausende Fliegen, die um mich herum schwirren. Ansonsten bin komplett allein mit dem Wald und der warmen Abendsonne. Ich komme mir vor wie Pig Pen aus den Peanuts-Comics, mit dem schwarzen Schwarm um mich herum. Oben angekommen, treffe ich sogar noch Antje. Ich sage ihr, dass ich erstmal noch was trinken muss. Die Gaststätte hat schon Küchenschluss, aber die nette Kellnerin bringt mir noch ein alkoholfreies Hefeweizen und eine große Apfelschorle. Ich quittiere das mit einem Trinkgeld und den Worten “Sie sind mir heute sowieso die Liebste überhaupt”.

Beim Gespräch mit einigen Wanderern, welche auch noch da sitzen, erfahre ich, dass nicht nur ich Probleme mit den Fliegen hatte. Alle hatten wohl diese unliebsame Gesellschaft. Ich bin erstmal beruhigt, dass es wohl doch nicht an meinem Geruch gelegen hat. Nochmal kurz den Trinkrucksack auf dem Klo mit Leitungswasser auffüllen, den Sonnenuntergang fotografieren und die langen Klamotten anziehen und dann geht es vorbei an anderen Teilnehmern nach unten. Sehr steil und steinig mitunter. Teils bergab langsamer, als bergauf. Sogar tragen muss man wieder teilweise. Irgendwann im Dunkeln sehe ich ein Licht, als ich den Weg suche. Ein Teilnehmer in einer Hütte ruft mir zu, dass es hier weitergeht. Ich bedanke mich kurz und nach 10 Metern ruft es hinter mir her, ob ich Martin bin. Antje hätte nach mir gefragt und sie wäre ca. 10 Minuten voraus. Gut, denke ich mir, rufe ein lautes “AAAAAAANNNNTTJJJEEEE” in den Wald und gebe Gas. Irgendwann auf einem zugewachsenen Waldweg sehe ich endlich ein rotes Rücklicht. Wir haben uns wieder gefunden. Weit weg hören wir laute Musik. Ein Open-Air. Vielleicht gibt es da ein Bier für uns, sage ich. Antje zeigt mir einen Vogel, wegen dieser Idee. Aber warum? Wäre doch lustig, im Rennen, völlig verschwitzt und stinkend, ein kühles Bier in einer warmen Sommernacht zu trinken. Tatsächlich kommen wir auf der nächsten Lichtung an genau diesem Festival vorbei. Es entpuppt sich aber anscheinend, anhand der Gestalten, als Rechtsrock-Festival. Ok, nicht ganz unser Ding, außer wir wollen dem politischen Gegner direkt paroli bieten. Vielleicht doch ein andermal. Also weiterfahren ohne Bier. Am nächsten Berg wird dann aber Whitney Houston – I will always love you gespielt. Entweder kommt das aus einer anderen Richtung oder es ist einfach ein Schrei nach Liebe, wie die Ärzte schon sangen. 

Irgendwann um 1 Uhr nachts halten wir an einer Pausenbank mit Tisch. Kurze Pause. Beide schlagen kurz mit dem Kopf auf den Tisch auf und machen eine Viertelstunde Powernapp. Danach ist uns unwahrscheinlich kalt. Die Nacht hat wirklich angezogen. Hier spielt uns wieder Antje’s größte Phobie entgegen. Die Angst vor Schnecken! Vor allem Nacktschnecken! Wenn es draußen frisch und nass wird, kommen die von überall her und davor hat sie richtige Panik. Wir fahren bis ins nächste größere Örtchen über den Berg. Da wird uns gleich wieder warm und wir finden schon irgendwas überdachtes zum draußen schlafen. An einer geschlossenen Tankstelle wollen wir unter dem Dach schlafen. 500 Meter weiter sehe ich aber die Pension zum roten S! Die Sparkasse! Zum Glück bin ich dort Kunde und hab damit hoffentlich das Recht erlangt, mich aufzuwärmen. Das sollte in der Kontoführungsgebühr im Kleingedruckten drin stehen. Also Fahrräder rein, Isomatte und Schlafsack ausgebreitet und kurze Pause. Es ist 2 Uhr und wir stellen uns den Wecker auf 4 Uhr. Seelig schlafen wir unterm Knax-Automaten ein. Da muss man als Pärchen ne Verbindung haben. 

Ca. 3 Uhr geht das Licht an und jemand steigt über mich drüber. Wer braucht denn um diese Zeit Geld im Erzgebirge? Ich höre ein kurzes “Hallo”. Antjes Kopf schnellt automatisch nach oben und erwidert mit einem kurzen, fröhlichen “Hallo”, nur um danach wieder in sich zusammenzusacken. Lustig denke ich und schlafe wieder ein…

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