MittelgebirgeClassique Tag 5 oder Ein Quantum Berg

Heho und so, Freunde des lustigen Pedalierens.

Die Sonne küsst uns auf dem Gipfel des Grand Ballon wach. Wir schälen uns noch etwas müde aus unserem Schlafsack. Noch etwas müde, aber motiviert. Aber das wichtigste! Bernhard “The Phantom” ist wieder da. Er hat 100 Meter von uns entfernt, über die Straße, im Gras geschlafen. Kurze Besprechung wie gestern die Auffahrt für jeden war und nach dem einpacken, geht es in die Abfahrt. Es ist noch sehr kalt im Fahrtwind und wir ziehen alles an, was wir haben. Handschuhe, Beinlinge, dicke Daunenjacke. Franzi explodiert fast, weil sie aufs Klo muss. Irgendwo auf der Passstraße, findet sich ein kurzes Waldstück. Ich mach derweil social media und schaue auch auf den Track, wo alle anderen so sind. Wir sind weit abgeschlagen und schaffen das heutige Zeitlimit für das besetzte Ziel nicht mehr. Das ist aber egal. Wir beschließen den Rennmodus weiterhin rauszunehmen und die Fahrt mit einem Lächeln zu genießen. 

Am Fuß des Petit Ballon angekommen trennen sich wieder unsere Wege. Franzi und Ich frühstücken unten. Bernhard fährt weiter. Jetzt in der Sonne wird es endlich wieder wärmer. Am Parkplatz treffen sich wohl einige Waldarbeiter. Der erste legt sich erstmal auf die Mauer und sonnt sich, bis der Rest eintrifft.

Die nächsten Berge kommen jetzt. Bloß gut, dass wir die Nacht nicht weitergefahren sind. Die Abfahrt vom Petit Ballon ist ekelhaft. Die Straße ist hier in einem sehr schlechten Zustand. Das wurde uns aber beim Briefing vorher auch schon gesagt. Sowieso war die komplette Organisation bis hierher super. Wir wurden vorher auf mögliche Gefahrenstellen aufgeklärt, wo Hilfe zu bekommen ist, sogar Seelsorger stehen zur Verfügung, falls es nötig wäre. Ganz toll und hier noch einmal ein großes Lob an die Organisatoren.

In Munster an einem Supermarkt decken wir uns mit Essen ein. Und ja, wir wissen, dass das alles schlechtes Essen ist. Aber wir nehmen im normalen Alltag unsere Nahrung sicherlich nicht so ein. Aber man verbrennt auf so einer Tour eben auch täglich bis zu 8000 Kilokalorien. Also verlangt der Körper auch nach neuem Brennstoff. Egal, wie der in diesem Moment aussieht. Kurzer Anruf bei den Großeltern, ob es denen gut geht. Die Oma freut sich natürlich und fragt ne Menge Dinge, die wir ihr quasi jedes Mal neu erzählen. Was wir gerade machen, warum, wie lange usw. Süß!

Danach noch ein kurzes Mittagsschläfchen, vor dem Fahrradständer. Der Franzose mit dem Hollandrad ist nicht so amüsiert, dass er kein Platz mehr für sein Gefährt hat. Aber er stellt sein Rad mürrisch an die Wand. Wir passen darauf auf.

Nach einer halben Stunde geht es weiter. Unser Ziel heute ist einfach. Alle längeren Anstiege hinter uns bringen. Als erstes der Col du Linge. Hier bin ich auch mal Mental an einem Punkt, wo ich mich 15 Minuten auf einen Baumstamm setzen muss und Pause brauche. Oben angekommen kann man in die Abgründe der Vergangenheit sehen. Hier tobte im ersten Weltkrieg eine der blutigsten Schlachten zwischen Franzosen und Deutschen. Überall stehen Kreuze und es gibt größere Kriegsgräberstätten für Franzosen “und” Deutsche. Zehntausende fielen auf beiden Seiten, um nur einen kurzen Gebietsgewinn von 100 Metern zu erzielen. Wir sollten, gerade in heutigen Zeiten, dankbar dafür sein, dass wir diese Zeit in Europa überwunden haben. 

Dann kommt der Col du Calvaire. Hier wird es etwas kühler bis hoch zum Lac de blanc und es fängt etwas an zu tröpfeln. Franzi bleibt hier etwas zurück, da sie jetzt etwas in den Seilen hängt.

Weiter geht es hinauf zum Col du Fouchy. Dieser fährt sich sehr schön. Ruhig und von der Landschaft abwechslungsreich. Alle Abstufungen von grün kann man hier sehen. Die perfekte Kulisse um einen Heimatfilm zu drehen.

Am Ende der langen Abfahrt, finden wir einen kleinen Laden. Burger und Käääpoootscheinooo gibt es hier. Kurz die Powerbanks laden und weiter. Der Champ du Feu wartet auf uns. Der wirklich letzte Brecher in den Vogesen. Obwohl er sich rollend fahren lässt, zieht er sich ein wenig. Aber es ist wieder warm und ruhig. Oben angekommen erwartet uns ein Turm und ein Kreisverkehr. Es gibt sicherlich nicht viele Gipfel, die so etwas haben. Das liegt aber daran, dass dieser Punkt von vielen Seiten angefahren werden kann. Wieder geht es lange nach unten. Es wird spät und kein Laden hat mehr geöffnet. Auch ein Restaurant zu finden, zeigt sich als Hoffnungslos. Da erscheint, mit einem hellen, strahlenden Licht an einer Kirche die Rettung. Ein Pizzaautomat!!! Vor einer Kirche im schein der Straßenlaternen und mit aufgefüllten Wasser im Brunnen essen wir zu Abend. Jederzeit verfügbare Pizza. 24h lang. Genial. Schmecken tut sie auch. Bräuchte jedes Dorf finden wir.

Franzi und Ich besprechen das weitere Vorgehen. Unterkunft oder weiter in die Nacht und draußen schlafen? Wir machen einen Deal. Wir fahren noch eine Stunde und falls wir in der Zeit an einem Hotel oder sonstigen vorbeikommen, fragen wir spontan nach. Nach 15 km in einem kleinen Dorf, ist in einem kleinen süßen Hotel, noch Licht an der Rezeption. Der Koch macht gerade noch sauber. Nach einem kleinen Gespräch auf englisch und Erkenntnis das seine Frau Deutsche ist und hier schon einige andere Mitfahrer gelandet waren, hat er noch ein Zimmer für uns frei. Das Beste was uns passieren konnte. Nochmal richtige Regeneration für die letzte Etappe morgen. Duschen ist auch mal wieder wichtig. Uns folgten schon die Fliegenschwärme an den Auffahrten, so komisch gerochen haben wir. 

Ein letzter Blick auf den Tracker zeigt uns, dass Bernhard an der letzten längeren Abfahrt, wieder die Ausfahrt verpasst hat und sich im falschen Ort befindet. Wir sind uns aber sicher, dass er den Weg morgen wieder findet. 

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