Heho und so, Freunde des lustigen Pedalierens.
Aufwachen im ersten Licht des Tages ist immer am schönsten und für mich geht es jetzt entlang an Seen, mit dem Gedanken, dass ich meine Taktik zum Verpflegen etwas anpassen und mich einfach besser die nächsten Tage ernähren muss. Der CP ist nur 5 Kilometer weiter an der Österreichisch-Tschechischen Grenze. Hier sind überall kleine Camping Spots, an denen hätte ich schön schlafen können. Derweil hatte ich vergangene Nacht mein Lager, vor dem gekreuzigten Jesus, im Gras aufgebaut.
Bloß gut, dass ich bei meinem Karma nicht angefangen habe zu brennen.
Kurz vor dem Checkpoint treffe ich dann wieder auf Julius und Paul. Die zwei, die als Paar fahren, treffe ich ja auch immer wieder. Beide haben hier in einer Schutzhütte geschlafen und packen gerade zusammen. Für Julius habe ich ein Geschenk. Ich habe gestern im Wald, kurz vor meinem Sturz, eine Socke gefunden und diese gehört ihm. Das heißt, er ist jetzt wieder ein freier Elf, denn er hat Kleidung bekommen. Die Muggel unter euch, werden das aber nicht verstehen. Jedenfalls freut er sich tierisch, denn es sind seine Lieblingssocken.
Der Stempel ist an einem See, an dem auch ein Zaun der früheren Grenze ist. Julius und Paul kommen auch gleich hinter mir und wir unterhalten uns kurz über die vergangenen Tage und weitere Pläne, um dann weiter zu fahren.
Gleich nach einer kurzen Abfahrt kommt ein Fluss, über den wir die Bikes tragen und dabei von Stein zu Stein balancieren müssen. Bloß gut, dass es die letzten Tage nicht zu sehr geregnet hat. Denn eine Brücke ist hier weit und breit nicht zu sehen. Deshalb brauchen wir auch eine Weile, um einen Übergang zu finden.
Danach trennen sich wieder unsere Wege und ich halte in der nächsten Stadt, um im Supermarkt zu frühstücken und meine Vorräte aufzufüllen. Einmal alles, bitte! Vor allem die Waffeln haben es mir hier in Tschechien die letzten Tage angetan. Davon kaufe ich fast eine Palette und verstaue dann alles in meinem Trinkrucksack. Der ist zwar jetzt gefühlt 5 Kilo schwerer, aber beim Blick auf die Route kommt bis zum nächsten Checkpoint auch nicht mehr so viel, da es wieder durch ein Naturschutzgebiet geht.
Nach 50 Kilometern, durch Wald und über langgezogene Hügel, über einen weiteren Bach ohne Brücke und durch einen Wald, durch den ich mich durchs Dickicht schlagen muss, da nirgends ein Weg ist, komme ich dann nochmals an einem kleinen Laden vorbei.
Weil meine Wasservorräte zu Ende gehen, da es jetzt morgens auch schon sehr warm ist, lasse ich mir von der Bedienung einfach ein Wasser empfehlen. Eines mit Magnesium drin. Das trinke ich draußen in einem Rutsch aus. Das tut meinem Magen nicht so gut. 10 Minuten nach dem Ort, muss ich hinter einem Baum kurz anhalten und mich übergeben. Dieses verdammte Wasser mit Magnesium, denke ich mir. Der halbe Liter eiskalte Cola, die Schoko-Müllermilch und die halbe Tüte Gummibärchen können damit nichts zu tun haben. Definitiv das Wasser!
Das ich aber die letzten Tage zu wenig getrunken habe, zeigt mir auch mein eigenes Gesicht. Meine Lippen sind wieder mal aufgeplatzt wie ein zu lange gekochtes Wiener. Eines meiner vielen Probleme, wenn ich an Ultraraces teilnehme. Mehr Wasser kommt also weiterhin auf die to-do-Liste, denn für einen Lippenpflegestift ist es jetzt schon zu spät. Nennt mich ab jetzt einfach Würstl-Lippe!
Aber dann geht es weiter und es flutscht auf einmal. Ich bin selber überrascht, dass sich mein Mindset so ändert. Die letzten Tage waren echt nicht der Brüller, aber langsam bekomme ich irgendwie richtig Lust auf Rennmodus und ich fange an, den Tag richtig zu genießen.
Zu Mittag fahre ich durch die Stadt Telc. Den historischen Stadtkern, mit den vielen Restaurants auf dem Marktplatz, lasse ich schnell hinter mir. Nur um mich dann nachher über ein Feld ohne Weg, durch Schlamm und Schilf zu wühlen. Hier denke ich mir wieder, gut, dass noch Sommer ist. Nicht auszudenken, es hätte die Tage ausgiebig geregnet.
Durch den Nationalpark geht es für mich jetzt weiter, ohne dass ich stundenlang jemanden sehe. Nur Christina, die mir gestern Nacht noch am Shelter ins Gesicht geleuchtet hat, treffe ich auf einem kurzen Straßenabschnitt. Sie fragt, was ich vorhabe und ich antworte ihr nur kurz, dass ich grob bis Checkpoint 6 plane, obwohl da noch 180 Kilometer bis dahin sind. Hier lässt es sich teilweise gut fahren, teilweise auch echt mies. Vor dem Rennen habe ich noch über Instagram einen Bekannten gefragt, welche Reifenbreite er empfiehlt. Mit 45 mm sollte man nichts falsch machen. Darauf habe ich glücklicherweise gehört. Durch die ganzen Schotterstraßen hier, kommt man die Berge ganz gut hoch. Die Abfahrten sind trotzdem nicht ohne. Man hat die ganze Zeit das Gefühl, dass das Vorder- und das Hinterrad schwimmen. Wenn du vorn Grip hast, zieht es dir das Heck weg und anders herum.
Das bedeutet auch, dass man mit den Armen recht gut mitarbeiten muss und auch nicht so schnell bergab fahren sollte, auch wenn die Abfahrten nicht steil sind und sich länger hinziehen. Ein Fahrfehler und gute Nacht.
Nach ein paar Stunden sehe ich dann endlich auch wieder Schornsteine hinter dem Wald. Dort muss ja dann wieder etwas zum Einkaufen kommen. Aber Pusteblume. Leider nein und meine Lademöglichkeiten gehen auch zur Neige. Wasser bekomme ich am Friedhof. Das ist gelöst und auch meine Geräte kann ich am Dynamo laden, um durch die Nacht zu fahren, denn eigentlich hatte ich vormittags ja noch einen anderen Plan und wollte zum Checkpoint und dort am Freibad schlafen und duschen. Aber so eine aufgeladene Powerbank bringt halt auch Sicherheit im Kopf mit sich. Also schaue ich zu diesem Zeitpunkt, am späten Nachmittag, schon mal vorsorglich, wo es Übernachtungen gibt. Die letzten 4 Nächte, habe ich draußen geschlafen und brauche vielleicht mal eine Ladestation, eine ordentliche Dusche, gewaschene und saubere Kleidung und ein paar Stunden in einem richtigen Bett.
Aber es sind ja noch ein paar Stunden und als langsam der Abend hereinkommt und die Sonne untergeht, stehe ich an der Straße in einem kleineren Ort und checke nochmals Übernachtungsmöglichkeiten. Da höre ich ein “Hallo” und sehe, wie sich ein Kopf über einer Hecke herausstreckt. Julius winkt mir zu. Er und Paul sitzen in einer Kneipe, die ich gar nicht gesehen habe. Ein richtiges Abendbrot kann jetzt nicht falsch sein. Also gibt es für mich Pizza und alkoholfreies Bier. Zu diesem Zeitpunkt ein Träumchen.
Beim Essen und Reden, checke ich wiederum die nächsten Kilometer zum Checkpoint 6. Nach kurzem Abwägen entschließe ich mich, im nächsten Ort, der 25 Kilometer entfernt ist, in ein Hotel zu gehen. Also die halbe Pizza einpacken, zahlen und das Rad satteln.
Zu diesem Zeitpunkt ist die Entscheidung mindestens schwierig, denn es läuft heute richtig gut. Ich bin im Rennen angekommen. Mental und auch körperlich habe ich heute eine super Form und müsste eigentlich durch die Nacht fahren. Aber irgendetwas in mir sagt mir einfach, dass ich das heute brauche und es für den restlichen Teil des Rennens richtig ist, wenn ich heute mal durchschnaufe und meinem Körper etwas Ruhe gebe.
Kurzer Spoiler, die Taktik war im Nachhinein genau das Richtige.
Ich buche also ein Hotel, welches meine Buchung überhaupt nicht erhält und fahre in den nächsten Ort. Lisa und auch andere haben hier eine Unterkunft in der Stadt, als ich auf den Tracker schaue. Lisa ist etwas am struggeln mit sich. Bis hierhin ging es ihr sehr gut und mir schlecht. Aber anscheinend geht diese Form jetzt bei uns beiden gegenläufig. Nach dem Duschen, was eher einer Schlammparty ähnelt und bei einer kalten Cola und einem Austausch der Erlebnisse der letzten Tage, geht es dann ins Bett.
Ich nehme mir vor, die nächsten Tage zu pushen, denn der Track zeigt, dass es die nächsten Tage hart im Riesengebirge wird. Crunchtime ist angesagt.
Ein “kurzer” Tag nach 165 Km und 2500 Hm geht damit, in einem weichen Bett, zu Ende.
Bohemian Border Bash Part 4 or “The mood is changing”
Heho and all, friends of fun pedaling.
Waking up in the first light of the day is always the best and for me it’s now along lakes, with the thought that I need to adjust my food tactics a little and simply eat better over the next few days. The campsite is only 5 kilometers further along the Austrian-Czech border. There are small camping spots everywhere here, where I could have had a good night’s sleep. Meanwhile, last night I had set up camp in the grass in front of the crucified Jesus.
Just as well I didn’t start burning with my karma.
Shortly before the checkpoint, I meet Julius and Paul again. I keep bumping into these two, who are riding as a couple. They’ve both slept in a shelter here and are packing up. I have a present for Julius. I found a sock in the forest yesterday, just before I crashed, and it belongs to him. That means he’s now a free elf again, because he’s got clothes. But the muggles among you won’t understand that. Anyway, he’s really happy because they’re his favorite socks.
The stamp is by a lake, where there is also a fence from the former border. Julius and Paul are right behind me and we have a quick chat about the past few days and our plans for the future before continuing on.
Immediately after a short descent, we come to a river over which we have to carry the bikes and balance from stone to stone. It’s a good thing it hasn’t rained too much in the last few days. There is no bridge to be seen for miles around. That’s why it takes us a while to find a crossing.
We then go our separate ways again and I stop in the next town to have breakfast in the supermarket and replenish my supplies. One of everything, please! I’ve been particularly fond of waffles here in the Czech Republic over the last few days. I buy almost a pallet of them and then stow everything in my rucksack. It feels 5 kilos heavier now, but when I look at the route, there’s not much left until the next checkpoint, as the route takes me through another nature reserve.
After 50 kilometers, through forest and over long hills, over another stream without a bridge and through a forest where I have to make my way through the thicket as there is no path anywhere, I pass another small store. As my water supply is running low and it’s already very warm in the morning, I ask the waitress to recommend some water. One with magnesium in it. I drink it outside in one go. It’s not so good for my stomach. 10 minutes after getting there, I have to stop behind a tree and throw up. This damn water with magnesium, I think to myself. The half liter of ice-cold Coke, the chocolate milk and half a bag of gummy bears can’t have anything to do with it. Definitely the water!
But my own face also shows me that I haven’t drunk enough in the last few days. My lips have burst open again like an overcooked wiener. One of my many problems when I take part in ultra races. So more water is still on the to-do list, because it’s already too late for a lip balm. Just call me sausage lip from now on!
But then it goes on and it suddenly flows. I’m surprised myself that my mindset has changed so much. The last few days haven’t been great, but somehow I’m starting to feel like racing and I’m beginning to really enjoy the day.
At lunchtime, I cycle through the town of Telc. I quickly leave the historic town center, with its many restaurants on the market square, behind me. Only to then have to muddle through mud and reeds in a field without a path. Here I think to myself again, it’s a good thing it’s still summer. It would have been unthinkable if it had rained heavily over the last few days.
I now continue through the national park without seeing anyone for hours. The only person I meet on a short stretch of road is Christina, who shone her light in my face at the shelter last night. She asks what I’m up to and I only give her a brief reply that I’m roughly planning to get to Checkpoint 6, although there are still 180 kilometers to go. Some of the riding here is good, some is really bad. Before the race, I asked a friend on Instagram what tire width he recommended. You shouldn’t go wrong with 45 mm. Fortunately, I listened to him. With all the gravel roads here, you can get up the mountains quite well. But the descents are still tough. You always have the feeling that the front and rear wheels are floating. If you have grip at the front, the rear pulls away and vice versa.
This also means that you have to work really hard with your arms and shouldn’t ride downhill too fast, even if the descents aren’t steep and take longer. One riding mistake and good night.
After a few hours, I finally see chimneys behind the forest again. There must be something to buy there again. But dandelion. Unfortunately not and my charging facilities are also running low. I can get water at the cemetery. That’s solved and I can also charge my devices at the dynamo to ride through the night, because I actually had another plan in the morning and wanted to go to the checkpoint and sleep and shower there at the outdoor pool. But a charged power bank like this also gives me peace of mind. So at this point, in the late afternoon, I take the precaution of checking where I can stay overnight. I’ve slept outside for the last 4 nights and might need a charging station, a proper shower, washed and clean clothes and a few hours in a proper bed.
But there are still a few hours to go and as evening slowly falls and the sun sets, I stand on the road in a small town and check out the accommodation options again. I hear a “hello” and see a head sticking out over a hedge. Julius waves to me. He and Paul are sitting in a pub that I haven’t even seen. A proper evening meal can’t be wrong now. So I have pizza and non-alcoholic beer. A dream at this point.
While eating and talking, I check out the next few kilometers to Checkpoint 6. After a brief consideration, I decide to go to a hotel in the next town, which is 25 kilometers away. So I pack half the pizza, pay and saddle up the bike.
At this point, the decision is at least difficult, because things are going really well today. I’ve arrived at the race. Mentally and physically, I’m in great shape today and should actually be riding through the night. But something inside me just tells me that I need this today and that it’s right for the rest of the race if I take a breather today and give my body some rest.
Short spoiler, the tactic was exactly the right one in retrospect.
So I book a hotel that doesn’t receive my booking at all and drive to the next town. Lisa and others have accommodation in the town when I look at the tracker. Lisa is struggling a bit. Up to this point, she was doing very well and I was doing badly. But apparently we’re both going in the opposite direction now. After a shower, which is more like a mud party, a cold Coke and a chat about the experiences of the last few days, I go to bed.
I decide to push myself over the next few days, as the track shows that the next few days will be tough in the Giant Mountains. Crunch time is the order of the day.
A “short” day after 165 km and 2500 m of climbing comes to an end in a soft bed.