Heho und so, Freunde des lustigen Pedalierens.
Der erste Morgenschimmer küsst mich wach. Der andere Fahrer, der hier lag, ist vor einer Stunde los. Das habe ich im Dunkeln bemerkt. Ich muss ihn auch die Nacht bei meiner Ankunft genervt haben. Neben mir liegt noch ein Wanderer in seinem Schlafsack. Der schaut mich zwei, dreimal böse an, weil ich beim Packen etwas Krach mache. In einer größeren Wanderhütte mit einem Denkmal oder Erinnerungsort zum Eisernen Vorhang habe ich geschlafen.
Jetzt sehe ich das alles erst in der aufkommenden Helligkeit des Tages. Ein paar Fotos und ab geht’s für mich. Erstmal zum ersten Dixie in 100 Meter Entfernung und dann über weite Wiesen, auf denen noch der Nebel hängt und durch die die ersten morgendlichen Sonnenstrahlen dringen. Die Natur wird gerade erst wach geküsst, aber der Anblick ist wieder atemberaubend schön. Wieder so ein toller Moment am Morgen, den uns das Bohemian Border Bash hier schenkt.
Bis zum Checkpoint geht es tendenziell eher bergab bzw. geradeaus. Also sind die ersten 20 Kilometer bis zur nächsten Tankstelle relativ schnell bewältigt. Wenn nicht dieser einzige Traktor im gesamten Naturschutzgebiet wäre, der hier vor mir herumfährt und mich auf der engen Straße nicht vorbei lässt.
Deshalb erstmal ne runde Instagram-Storys machen und allen im Internet meinen, nicht ganz so tollen Geisteszustand mitteilen. Ich befinde mich immer noch im Brummelmodus und hoffe, dass ich mental irgendwie heraus komme. Aber im Moment habe ich auch Hunger. Glücklicherweise kommt dann endlich an einer Schnellstraße eine richtig tolle Tankstelle. Da hau ich mir erstmal den Magen voll. Kofola, Käppooooootscheinoooo, Süßkram, zwei Hotdogs und noch ein Sandwich für den Weg. So viel kommt später nämlich erstmal nicht.
Mit meiner besten Freundin telefoniere ich auch noch etwas beim Frühstück und dann ruft mich leider wieder die Arbeit.
Bis zum Checkpoint geht es zwar flott voran, da alles auf der flachen Straße bzw. Radwegen geht, aber ich muss drei bis viermal anhalten und ein paar Telefonanrufe vornehmen und sogar nach alten Emails suchen, weil der Treppenbauer auf einer Baustelle daheim die Höhen vom Fußbodenbelag braucht. So viel zu meinen Problemen, die ich manchmal auch bei solch einem Rennen habe. Selbst und ständig, nääää? Dazu kommt leider noch, dass diese flache Straße echt langweilig ist. Da fahre ich lieber steile Berge nach oben.
Irgendwann geht, auf dem Asphalt, unter der sengenden Sonne, mein Wasser zur Neige. Die letzten 5 Kilometer bis nach Cesky Krumlov oder Krumlov an der Moldau, schleppe ich mich dann über den Berg, um dann mit einer unglaublich tollen Kulisse belohnt zu werden.
Erst geht es über die Burg nach unten, um durch ein riesiges Viadukt, durch ein Tor, über die Moldau in die Altstadt zu fahren. Dabei treffe ich noch einen anderen Fahrer, der hier auch Fotos macht. Zwischen vielen Fachwerkhäusern und durch Massen an Touristen, fahre ich durch die Mittelalterliche Stadt und komme am Ende beim Checkpoint 4 an.
Der befindet sich im Vereinsheim eines Kanuvereins. Dort kann ich erstmal aufs Klo gehen und auch Wasser auffüllen. Kurz vor dem Checkpoint bin ich an einem Penny vorbeigekommen und fahre dorthin, um wieder alles aufzufüllen. Es ist jetzt kurz vor 14 Uhr und als ich fast fertig bin, kommt auch wieder Lisa vorbei. Sie macht erst mal kurz mit mir zusammen Mittag und biegt danach beim Checkpoint ab.
Ich fahre noch den nächsten Berg hoch, der knapp 10 Kilometer lang ist und werfe mich oben am Gipfel wieder für 30 Minuten auf eine Bank im Schatten und hole etwas Schlaf nach. Mein Nachmittagstief wieder mal.
Dann geht es für mich etwas länger bergab, um dann im völligen Wahnsinn zu enden. Irgendwo hinter Kaplice fängt es wieder an, nach oben zu gehen. An einer sanierungsbedürftigen Talsperre komme ich vorbei, nach der der Weg immer weiter in den Wald hinein führt. Irgendwann seh ich dann jemanden im Wald umher kriechen. Ich habe Lisa eingeholt und wir schieben beide den Berg hoch. Dabei ist “schieben” hier nicht das richtige Wort. Wir tragen. Der berühmt berüchtigte Hasenberg. Die beiden tiefroten Spitzen, habe ich schon auf dem Höhenprofil meines Fahrradcomputers gesehen und ahnte schlimmes. Hier oben sind nur Felsen und über die müssen wir irgendwie drüber und auch wieder runter. Wieder fällt mir der Spruch ein “Das wir für den Scheiß hier bezahlen”!
Naja, auf dem ersten “Hügel” steht dann der geschnitzte und namensgebende Hase. Irgendwie kommen wir dann wieder in fahrbares Gebiet und ich setze mich etwas ab.
Der Singletrek wird dabei immer wieder von umgestürzten Bäumen blockiert, über die wir natürlich auch die Fahrräder heben müssen. Langsam wird es auch dunkel und ich will eigentlich noch bei Tageslicht aus dem Wald heraus, mache aber einen Fahrfehler und stürze. Ich kann mich zwar noch einigermaßen, wie ein Stuntman abrollen, verstauche mir dabei aber auch die linke Hand.
Zusätzlich dazu ist auch der STI, also der Schalthebel rechts etwas verschoben. Mit ein wenig Kraft und Geschick, drücke ich den aber wieder zurück. Bloß gut, dass er nicht gebrochen ist. Hier, im Nirgendwo, wäre das das Ende des Rennens geworden.
Jedenfalls überholt mich Lisa dann auf Nimmerwiedersehen an einer Kreuzung, an der ich etwas meine Schürfwunden und andere Wehwehchen überprüfe.
Im Dunkeln geht es für mich jetzt, auf Betonlochplatten und durch Gestrüpp, immer an der Grenze, nach Österreich hinein. Meine Laune ist im Keller und ich brauche noch etwas Wasser. Dass mein Mindset langsam wieder den Boden erreicht, hat auch die Folge, dass ich im Dunkeln wieder anfange zu singen. Das mache ich immer, wenn es mir nicht so gut geht. Ich habe mal wieder Hunger und Durst. Vor Allem das Trinken muss ich die nächsten Tage verbessern. Das hab ich heute auch wieder vernachlässigt.
In Gmünd hat nichts mehr auf und ich irre durch die Straßen der Stadt. Also halt ich kurz noch in einer geöffneten Gaststätte und fülle auf der Toilette meine Wasserblase im Rucksack auf, um für die Nacht gewappnet zu sein.
Aus Gmünd heraus zieht sich wieder alles wie Kaugummi über Schotterstraßen und ich setze mich in einer Stadt nochmals kurz in eine Bushaltestelle und mache abermals einen 15-Minütigen Powernap. Aber mir fallen auch danach fast die Augen zu. Es sind noch knapp 30 Kilometer bis zum Checkpoint. Irgendwann im Naturschutzgebiet kommt eine Schutzhütte und ich stelle mein Rad an die Seite und inspiziere, ob sich hier gut schlafen lässt.
In dem Moment strahlt mir wieder ein helles Licht ins Gesicht. Klar, immer so, wenn ich schlafen gehen will.
Die Mitfahrerin wünscht mir noch eine gute Nacht und fährt dann aber weiter.
Ich hingegen finde den Schlafplatz hier in der Hütte nicht so ideal. Grobe Steine auf dem Boden und die Bänke sind so schmal, dass ich evtl. beim Schlafen herunterfalle. Deshalb steige ich nochmal aufs Rad und fahre etwas weiter. Wenige Kilometer vor Checkpoint 5, komme ich in einen Ort und stelle mein Rad auf einer beleuchteten Fläche, direkt vor einem Jesuskreuz an einen Baum und lege mich in meinen Biwaksack ins Gras. Die Nacht ist so warm, dass es auch ohne Schlafsack geht und das Gras ist so weich, dass ich keine Isomatte brauche. Nur das Kissen blase ich mir auf, denn das ist ein echter Gamechanger beim Schlafen geworden.
Knapp 200 Kilometer und 2500 Höhenmeter reichen. Morgen muss ich dann meine Wasseraufnahme besser organisieren und endlich besser ins Rennen kommen, denn die Hälfte des Rennens ist damit fast geschafft.
Bohemian Border Bash Part 3 or “Continuing to survive in Bohemia”
Heho and all, friends of fun pedaling.
The first glimmer of morning kisses me awake. The other rider who was lying here left an hour ago. I noticed that in the dark. I must have annoyed him during the night when I arrived. There’s another hiker lying next to me in his sleeping bag. He gives me two or three nasty looks because I make a bit of noise while packing. I slept in a larger hiker’s hut with a monument or memorial to the Iron Curtain. Now I see it all in the dawning light of day. A few photos and off I go. First to the first Dixie 100 meters away and then across wide meadows, where the fog still hangs and through which the first morning rays of sunlight penetrate. Nature is only just being kissed awake, but the view is once again breathtakingly beautiful. Another great moment in the morning, courtesy of the Bohemian Border Bash.
Up to the checkpoint, the road tends to go downhill or straight ahead. So the first 20 kilometers to the next petrol station are covered relatively quickly. If it weren’t for the one tractor in the entire nature reserve that drives around in front of me and won’t let me pass on the narrow road.
So I start by doing a round of Instagram stories and telling everyone on the internet about my not-so-great state of mind. I’m still in grumpy mode and hope that I can somehow get out of it mentally. But I’m also hungry at the moment. Fortunately, I finally come across a really great petrol station on an expressway. I fill my stomach there first. Kofola, Käppooooooootscheinoooo, sweets, two hot dogs and another sandwich for the road. There won’t be that much later.
I talk to my best friend on the phone over breakfast and then, unfortunately, work calls me again.
I make good time to the checkpoint, as everything is on the flat road or cycle paths, but I have to stop three or four times and make a few phone calls and even look for old emails, because the stair builder at a building site at home needs the heights of the flooring. So much for the problems I sometimes have during a race like this. By myself and all the time, no? Unfortunately, this flat road is also really boring. I’d rather ride up steep hills.
At some point, on the asphalt, under the scorching sun, my water runs out. The last 5 kilometers to Cesky Krumlov, or Krumlov on the Vltava, I drag myself over the mountain, only to be rewarded with an incredibly beautiful backdrop.
First I ride down over the castle, then through a huge viaduct, through a gate and over the Vltava into the old town. I meet another driver who is also taking photos here. Between many half-timbered houses and through crowds of tourists, I drive through the medieval town and arrive at Checkpoint 4 at the end. This is in the clubhouse of a canoe club. There I can go to the loo and fill up with water. Shortly before the checkpoint, I pass a penny shop and go there to fill up again. It’s now just before 2pm and when I’m almost finished, Lisa comes by again. She joins me for a quick lunch and then turns off at the checkpoint.
I cycle up the next mountain, which is just under 10 kilometers long, and at the top of the hill I throw myself down on a bench in the shade for another 30 minutes to catch up on some sleep. My afternoon low again.
Then it goes downhill for me for a little longer, only to end in complete madness. Somewhere behind Kaplice, the path starts to climb again. I pass a dam in need of renovation, after which the path leads further and further into the forest. At some point I see someone crawling around in the forest. I catch up with Lisa and we both push up the hill. But “pushing” is not the right word here. We are carrying. The notorious Hasenberg. I had already seen the two deep red peaks on the elevation profile of my bike computer and suspected the worst. There are only rocks up here and we have to get over and down them somehow. The saying “We’re paying for this shit” comes to mind again!
Well, on the first “hill” is the carved and eponymous hare. Somehow we get back into rideable territory and I set off a little. The single track is repeatedly blocked by fallen trees, which of course we have to lift the bikes over. It was slowly getting dark and I wanted to get out of the forest in daylight, but I made a mistake and crashed. I’m still able to roll off like a stuntman, but I sprain my left hand in the process.
In addition, the STI, i.e. the gearshift on the right, is also slightly displaced. But with a little strength and skill, I push it back into place. It’s a good thing it’s not broken. Here, in the middle of nowhere, that would have been the end of the race.
Anyway, Lisa overtakes me at a crossroads, where I check my grazes and other aches and pains.
In the dark, I’m now heading into Austria on concrete slabs and through undergrowth, always along the border. My mood is low and I need some more water. The fact that my mindset is slowly coming back down to earth also means that I start singing again in the dark. I always do that when I’m not feeling so well. I’m hungry and thirsty again. Above all, I need to improve my drinking over the next few days. I neglected that again today.
Nothing is open in Gmünd and I wander through the streets of the town. So I stop briefly in an open restaurant and fill up my water bladder in my rucksack in the toilet to be prepared for the night.
Out of Gmünd, everything stretches like chewing gum over gravel roads and I sit down again briefly at a bus stop in a town and take another 15-minute power nap. But even after that, my eyes almost fall shut. There are still just under 30 kilometers to the checkpoint. At some point in the nature reserve, I come to a shelter and put my bike to one side to see if it’s a good place to sleep.
At that moment, a bright light shines in my face again. Of course, it’s always like this when I want to go to sleep.
The passenger wishes me a good night and then drives on.
I, on the other hand, find the sleeping area here in the hut less than ideal. There are rough stones on the floor and the benches are so narrow that I might fall off while sleeping. So I get back on my bike and cycle a little further. A few kilometers before Checkpoint 5, I come to a village and park my bike on a lighted area, directly in front of a Jesus cross on a tree and lie down in my bivy sack in the grass. The night is so warm that I can manage without a sleeping bag and the grass is so soft that I don’t need a sleeping mat. I only blow up my pillow, as this has become a real game changer when it comes to sleeping.
Just under 200 kilometers and 2500 metres of altitude are enough. Tomorrow I have to organize my water intake better and finally get into the race better, because I’m almost halfway through the race.