Heho und so, Freunde des lustigen Pedalierens.

Vorneweg, dass vergangene Jahr war toll. Ich habe großartige Sachen erlebt, wunderschöne neue Orte gesehen, habe meine Comfortzone weiter verschoben und habe neue sympathische Leute kennengelernt. Leider gehen auch immer Menschen bzw. konnte ich diese nicht halten. Bei einigen habe ich selbst Fehler gemacht und möchte mich nochmals bei all jenen dafür entschuldigen.

Die meisten die mich nicht so gut kennen, denken ja immer, dass ich ein sehr kommunikativer Mensch bin. Ich persönlich sehe mich aber eher als sehr introvertiert. Smalltalk mit anderen Menschen bereitet mir im Vorfeld schon Angstschweiß. Ich fahre lieber allein auf meinem Rad durch die Gegend. Meine Schwester (du bist die Beste) und mein Schwager, der kleine Chilene, (der, der kein richtiger Mensch ist) sagen immer, dass ich doch mal mehr an Social-Rides teilnehmen soll und ich auch mehr in Fahrradgruppen connecten könnte. Das ist aber nicht mein Ding. Außer vielleicht virtuell auf meinem Rollentrainer im Wohnzimmer. Ich bin gern nur für mich verantwortlich. Da merkt auch keiner, dass ich eigentlich ein Choleriker bin, der hoch geht, wenn es mal nicht nach ihm geht. Man könnte also sagen ich bin ein richtiger „Stiesel“.
Früher dachte ich immer das ein Stiesel ein eigenartiger, merkwürdiger und unempathischer Einzelgänger ist.
Das Deutsche Wörterbuch gibt aber als Definition an: „Stiesel, Stießel m. ‚Dummkopf, Tölpel, unhöflicher, ungebildeter, langweiliger Mensch‘ (19. Jh.), als Schimpfwort besonders im Md. und Berlin. , danach auch in der Studentensprache.“
Naja, irgendwie sowas bin ich dann eben. Umso erstaunlicher, dass ich mich mit der akustischen Antje aka Sektschleuse so gut auf den Trips verstanden habe und wir echt ein paar großartige Sachen gefahren sind. Die Leute, welche selber an ähnlichen Fahrradevents teilnehmen, kennen das sicherlich. Man ist oft allein mit dem Rad und seinen eigenen Gedanken unterwegs. Niemand stört oder lenkt einen ab. Das kann wunderschön sein. Oder eben auch nicht. Manchmal kommen, wie auf einer Achterbahn, Täler, die es motivationstechnisch zu überwinden gilt. Trotzdem ist diese Ruhe, weg vom Stress und unserer schnellen und unruhigen Welt, wichtig für mich. Aber so gewöhnt man sich auch immer mehr daran, Menschenansammlungen zu meiden. In einer Doku auf Netflix über das „transcontinental race“, die ich auch nur empfehlen kann, wird gesagt, dass es Wissenschaftler und Philosophen bei solch einem Rennen geht. Erstgenannte halten zum Beispiel vor dem Einkaufsladen, kaufen 5 Minuten ein, fahren dann sofort wieder und essen für gewöhnlich noch auf ihrem Rad. Die Philosophen sind eher die Abenteurer. Schauen mal dort, mal da, machen dort eine Pause, unterhalten sich mit den Menschen und sehen sich einfach die Welt an. Ich bin klar Zweiteres. Und ich habe einfach ein Auge für Geschichten um mich herum, die andere anscheinend gar nicht sehen oder für voll nehmen. Eventuell liegt das aber auch an meiner sprühenden Fantasie und weil ich tief in meinem dunklen Herzen ein Romantiker bin.

Aber kommen wir nach dieser Selbstanalyse doch mal zum Wesentlichen.

Die Idee zum Blog kam vor ca. genau einem Jahr, als ich in der Schweiz im Hotel gearbeitet habe. Das war der Start in die vergangenen 365 Tage und ich brauchte damals einfach einen Tapetenwechsel vom Alltag und wollte raus aus der Nass-Kalten-Januarsuppe, welche wir in Deutschland mittlerweile Winter nennen.
Meine beste Freundin Andrea (du bist auch die Beste) hatte ich dabei immer an meiner Seite. Dafür möchte ich ihr ganz lieb Danke sagen. Von dort ging es auch mit dem Flieger von Genf nach Madrid um eine Woche von dort mit Rad, per bikepacking, über Granada bis nach Malaga zum Mittelmeer zu pilgern. Von da wieder mit dem Zug zurück und über Madrid ab nach Genf, um dort noch einmal ein paar Tage im Hotel auszuhelfen, da die nächste Coronawelle kam.

Zu Ostern ging es dann mit Franzi (du weißt ja das du die Beste bist) und dem Chilenen für eine Woche nach Italien in die Toskana um von Pisa, über Florenz und Siena mit dem Rad nach Rom zu fahren. Ein gutes Training. Vor allem die Anstiege auf der L’Eroica und den weißen Schotterstraßen hatten es in sich. Bisher ist aber immer noch nicht geklärt, ob nun italienische oder chilenische Rotweine besser sind. Warum und wieso die Frage aufkam, kann man natürlich in den Blogeinträgen nachlesen. Zwischendrin haben wir auch noch zwei Andere ähnlich Verrückte getroffen.

Danach ging es für meine Schwester (ja, die Beste) und mich, als Team zum MittelgebirgeClassique in den Schwarzwald und die Vogesen. Franzi hat sich in ihrem ersten Mittellangstreckenrennen dabei super geschlagen und über die vielen Höhenmeter und die nächtlichen kalten Temperaturen hinweggesetzt. Ob es ihr erstes und letztes Rennen war? Ich hoffe nicht.

Das nächste Event war für mich oder eher uns, das Ultra500.
500 Kilometer und 6000 Höhenmeter durch das aufgekochte West- und Mittelsachsen. Dort stand auch auf einmal die anfängliche Antje (auch du bist die, na ihr wisst schon…) irgendwo im hohen Gras und irgendwie kamen wir danach nicht richtig los vom gemeinsamen Rad fahren im Sommer.

Für mich war das eine gute Vorbereitung auf mein wichtigstes Rennen im vergangenen Jahr. Noch einmal das Three Peaks Bike Race fahren. Diesmal ging es von Wien nach Nizza und nach dem ersten Versuch 2021, wollte ich diesmal pünktlich vor dem offiziellen Zeitlimit im Ziel ankommen. Dort traf ich das erste Mal die liebe Velolene (sie kenn ich aber nicht gut genug, dass sie die Beste für mich wäre) und ihren Bruder. Zum Ende traf ich noch Thomas und wir fuhren noch im Zeitlimit, in einem sprichwörtlichen Husarenritt ins Ziel. Dort holte mich dann eine gute Freundin nicht ganz pünktlich im Ziel ab (deshalb bist du auch nicht ganz die Beste, Janina) und wir fuhren noch ein paar Tage bis nach Zürich, wo ich dann mit dem FlixBus nach einer Panne irgendwo auf der tschechischen Autobahn doch noch in Prag strandete.

Im August fuhren wir dann zusammen mit der ausdauernden Antje (ich weiß nicht, wie lange ich das noch mit „der Besten“ durchhalte) beim MauriceBrocco400 innerhalb von 24h über den Kamm des böhmischen und sächsischen Elbsandstein- und Erzgebirges und auch das Mühlenbrevet in Leipzig.

Dabei kam die Idee auf beim Istraland in Slowenien anzutreten und noch einmal die letzten Sommertage zu genießen. Dass wir beide dabei mit Anderen im Schlamm versinken und die angestochene Antje im Krankhaus landen würde, konnte keiner ahnen.

Das Two Volcano Sprint Mitte Oktober, für welches ich gemeldet hatte, habe ich daraufhin schon im Vorfeld gescratcht und trat nicht an. Mental war ich einfach fertig und ausgelaugt. Der Rest vom Herbst war dann ausrollen und im Dezember habe ich mich irgendwie aus eigenem Antrieb etwas zurückgezogen und social detoxing betrieben, da ich auch einfach leer war.

Und das war es dann eben auch schon. Ich frage jetzt einmal stellvertretend für euch als Leser um weiterhin die vierte Wand zu durchbrechen: „Aber was ist im neuen Jahr so geplant?“

Stellt euch einfach vor, ich sitze hier in einem gemütlichen Sessel, habe ein dickes Buch in der Hand, hinter mir lodert das Feuer im Kamin und ich sehe euch über meine Brille an und sage: „Gut, dass ihr fragt.“
So richtig weiß ich das selbst noch nicht. Weniger das Flugzeug nutzen und mehr mit Bus und Bahn reisen. Wenigstens dort wo ich es vermeiden kann. Ihr wisst ja, der Klimawandel trifft uns alle gemeinsam.
Dann habe ich für die/das Transiberica Ende August gemeldet. Da geht es 2700 Kilometer über mehrere Checkpoints von Süd nach Nord durch Spanien. Vom Mittelmeer an die Atlantikküste. Darauf freue ich mich schon.

„Und sonst“, fragt ihr schon wieder? Für ein paar weitere Events stehe ich auf der Warteliste oder in den sogenannten Startlöchern.
Weiterhin möchte ich etwas mehr Content auf Instagram produzieren. Ich muss mich da immer etwas zwingen, um Videos und Bilder hochzuladen. Ich könnte natürlich auch wie einige andere in meiner Radbubble, von jeder Runde die ich fahre eine Story machen auf der ich jedes Mal die gleiche Pose einnehme, winke, lächle und die Sonne im Hintergrund habe. Der Moment oben auf dem Bergpass ist mir aber meist wichtiger zum Genießen, als dort mein Handy zu ziehen und meine Zeit mit Ablenkungen zu verschwenden. Klar sind Videos, Bilder und Reels für die meisten schöner und schneller anzusehen, als hier auf dem Blog minutenlang meine Wortakrobatik zu ertragen. Es hat ja niemand mehr richtig Zeit. Aber ich habe leider etwas zu erzählen. Im besten Fall auch etwas zum Nachdenken, etwas das inspirieren soll, was die Menschen aus ihrem tristen Alltag holen kann. Das ist auch ein Grund zum Schreiben für mich.
Einige haben schon gefragt, ob ich mal ein kurzes Dokumentationsvideo von mir bei einem Event machen würde, aber dafür bin ich nicht professionell genug ausgestattet. Ich denke, dass ich mich mit dem geschriebenen Wort einfach besser ausdrücken kann.

Oder ich schreibe einfach mal ein Buch oder etwas ganz Verrücktes, einen Vortrag über den Blödsinn den ich manchmal so mache. Oder noch besser, weiß denn zufällig jemand, ob es schon einen satirischen Stand-Up über Fahrräder und bikepacking gibt? Wäre gespannt, wer sich das anschauen möchte. Natürlich wäre es auch hier und da mal ganz lieb, wenn ihr mich verlinken würdet. Für einen Mann, der noch dazu „nur“ schreibt, ist es schwer, mehr Reichweite zu bekommen. Und mehr Reichweite ist ja irgendwie auch gut fürs Ego. Da bin ich ganz ehrlich.

Auf jeden Fall wünsche ich allen Freunden, Bekannten, stillen Mitlesern und Unterstützern, sowie auch denen die ich hier vergessen habe namentlich zu erwähne, nur das Beste (denn ihr seid die Besten 😉) im neuen Jahr. Bleibt gesund und macht viel Sport. Wir sehen uns…wahlweise am liebsten auf den zwei Rädern, die die Welt für mich bedeuten.

P.S. Reingelegt! Eigentlich sind meine Mom und mein Dad die Allerbesten.

Ein Gedanke zu „Rückblick 2022 und ein paar kleine Teaser für 2023“
  1. Wieder sooo toll geschrieben. Immer wenn ich deine Texte lese, hab ich gleich selbst Bock aufs Radfahren….bis ich dann merke, dass ich eher die Läufernatur bin.
    Ich freue mich schon auf viele neue Berichte im Jahr 2023.
    P.s. schon mal überlegt für ein Radmagazin zu schreiben?Lg

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