Heho und so, Freunde des lustigen Pedalierens.

Der Wecker klingelt wieder mal um 4 Uhr. Ich schaue hoch und sage, wir bleiben noch eine halbe Stunde liegen. Es sieht noch kühl und nebelig aus. Pustekuchen! In der Entfernung sind das nur die leicht durchsichtigen, halbrunden Planen der Gewächshäuser einer Gärtnerei. Wenigstens etwas länger ausgeschlafen haben wir. Mittlerweile wissen wir, das es noch 140 Kilometer bis Leipzig sind und wir Beiden, die einzigen verbliebenen Fahrer sind. Der Rest hat aufgegeben. Heute wird es heiß und das merkt man, ab dem Moment, dass die Sonne aufgegangen ist. In Lauchhammer erstmal zum Bäcker. Es ist ja Montag. 6 Uhr hat da schon einer auf. Hier merkt man wieder, dass Deutschland ein hoch technisiertes Land ist. Kartenzahlung nicht möglich. Nur Bar. OgottOgott!

Antje freut sich über ihr “Backwerk”. Ich sage ihr, dass ich niemanden kenne, der ernsthaft das Wort “Backwerk” für ein Brötchen benutzt. Sie benutzt das Wort manchmal.

Ja, klar. Mach ich auch gleich. Holde Maid, mich deucht, der Tag des Beginns der Woche wird wohl sehr hitzig werden, satteln wir sogleich unsere stählernen Streitrösser und reiten wir mit unserem Backwerk von dannen. 

Ist wohl so ein Dresdner Neustadt Ding. Also weiter zur Tankstelle. Wieder frisch machen, Koffein, Bockwurst, Apfelschorle, bissl Social Media usw.

Aus Lauchhammer raus wird es sehr warm und staubig. Erstmal an der Bahnschiene lang, dann ab Elsterwerda an der schwarzen Elster, bis Bad Liebenwerda. Dort gibt es ein frühes Eis. Eine ältere Dame mit Rollator fragt Antje, ob sie wisse wo der nächste Baumarkt ist. Sorry, leider sind wir nicht von hier. Raus aus der Stadt, geht es auf langen geraden Abschnitten zwischen Wäldern und Weizenfeldern, jetzt sehr schnell voran. Hier beginnen die Bauern schon zu ernten. Das macht es nur noch staubiger. Irgendwann stehen wir in einem Windpark. Der Track ist wieder zugewachsen. Ich höre Antje schon wieder mit den Zähnen knirschen und auch ein leises “Mirkoooo” erhasche ich im Wind. Das kann aber auch nur Einbildung gewesen sein. Wir quälen uns jetzt hier durch die Heide. Wir hatten jetzt Berge, Schieb- und Tragepassagen, grün zugewachsene Wandertrails, Hitze, Steine, Geröll. Was fehlt denn da noch. Na klar! Sand und Gegenwind. Da isser wieder. Dune, der Wüstenplanet in Brandenburg. Ich ahnte sowas schon. Entweder ist das ein Sandwurm oder Antje knirscht wieder mit ihren Zähnen. Das leise “Mirkooo” umkreist wieder meine Ohren. Oder spielt mir der Wind wieder einen Streich? Bis Torgau fahren wir noch um dort im Kaufland aufzufüllen. Draußen in der heißen Sonne, frage ich einen Herren, ob es hier einen See gibt. Er verweist uns an den “großen Teich”, der gleich 2 Kilometer weiter ist. Also unser Zeug nehmen und los. Mittlerweile ist es Mittag und wir machen an einem überdachten Rastplatz Pause. Als wir uns gerade hingesetzt haben, kommen drei Stadtmitarbeiter des Bauhofs und inspizieren unseren Pausenplatz. Der soll wohl renoviert werden, weil er immer wieder Opfer von Vandalismus wird. Na Gottseidank fangen die jetzt nicht noch an, ihr Mähmaschinen auszupacken. Als sie wegfahren, gibt es Melone, kalte Getränke und ich weihe Antje in die Welt der Fruchtzwergequetschas ein. Ich schlafe ein wenig und Antje möchte ins Wasser springen um sich etwa abzukühlen. Ihr sollte vielleicht der Fisch, der mit dem Bauch nach oben schwimmt, eine Warnung sein. Ein paar Tage später wird sie von rötungen am ganzen Körper berichten. Also kommen zu den offenen Brüchen, den Fleischwunden und Blutvergiftungen, die wir uns im Erzgebirge zugezogen haben, auch noch ein schwerer Parasitenbefall hinzu.

Wir schreiben noch in die Whatsapp-Gruppe das wir noch ca. 3 Stunden brauchen und gehen auf die finale Etappe. Staubig und mit viel Gegenwind geht es nochmal leicht bergauf. Weit hinten baut sich eine Gewitterfront auf. Hoffentlich schaffen wir es trocken. Regen und Gewitter hatten wir schließlich noch nicht als Gegner und ich könnte persönlich, gut darauf verzichten. Antje muss jetzt führen, denn mein Fahrradcomputer gibt nochmal kurz den Geist auf und muss neu gestartet werden. Irgendwann kommen wir in Leipzig Mockau an. Dort müssen wir laut Track nochmal durch eine Singletrail entlang der Parthe. Hier ist alles völlig zugewachsen. 2 Meter hohes Schilf. Der Track ist nicht zu erkennen. Absoluter Blindflug. Diesmal gibt es hinter mir kein Zähneknirschen, sondern einen lauten Schrei der Wut. Antje will hier nicht mehr weiter, Das ist kurz vor dem Ziel noch ein kleines moralisches Tief. Ich muss meinen ganzen Charme spielen lassen um sie zu motivieren, wieder aufs Rad zu steigen. 

Nachdem wir wieder auf befestigten Wegen in einer Parkanlage unterwegs sind, werden wir nochmal belohnt. Auf unserem Weg, treffen wir zwei Mädchen mit einem Lama. Nach 500 Kilometern noch ein Foto mit einem Lama. Was will man mehr. Wir kommen geschafft, aber stolz am Startpunkt vom Samstag an. Eine kleine Gruppe und Applaus, sowie je zwei Bier,  ein Apfel und auch eine Finisherplakette, warten auf uns. Ein kleines Gespräch  aller Teilnehmer entspinnt sich und wir tauschen ein paar Anekdoten aus. Die Erfahrungen ähneln sich sehr. Einige sind heute mit dem Rad direkt von Dresden gekommen, ohne die Schleife zu fahren, die wir mitgenommen haben. Mirko, lässt sich entschuldigen. Er kann leider erst etwas später. da sein. Schade, ich kenne da jemanden, der/die sich sicher mit ihm hätte unterhalten wollen. Wir müssen unseren Zug nach Hause schaffen. Wir hätten uns gern noch etwas mit allen unterhalten, da alle sehr sympathisch sind. 

Das Bier wirkt bei uns beiden. Im Zug unterhalten wir uns noch etwas lauter über Sachen, die vielleicht nicht unbedingt laut in die Öffentlichkeit gehören. Nach 500 Kilometern im Dreck, Hitze, stinkend und schwitzend, nimmt man halt auch kein Blatt mehr vor den Mund. Der Frau, gegenüber im Abteil, schießt dabei vor Lachen das Gemüse aus dem Mund, als sie unsere Gesprächsthemen ungewollt mithört. Bis Dresden geht das gequatsche wieder. Viele Glückwünsche erreichen uns per Handy und wir sind glücklich das Ding zugefahren zu haben und damit die erste weibliche und der erste männliche Finisher des #Ultra500 zu sein. Am Bahnhof Dresden verabschieden wir uns nochmal herzlich und versprechen uns, dass es nicht die letzte Fahrt zusammen gewesen ist. Aber vielleicht nicht gleich nächste Woche…

Ein Gedanke zu „#Ultra500 Teil 4 oder was kann man noch so gegen sich haben?“

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