Heho und so, Freunde des lustigen Pedalierens.

Aufwachen im Hotelbett in der Stadt Zdar nad Sazavou. Schön weich ist das. Wie ein Magnet in solchen Rennen und deshalb vermeide ich das meistens, dort zu schlafen. Es ist kurz vor 6 Uhr und ich muss noch den Tracker laden. Der hat über Nacht gute 20% Akku verloren. Also ran an die Steckdose. Kurz noch eine Cola und den Rest kalte Pizza von gestern Abend zum Frühstück rein. Dann los. 6.15 Uhr und die Sonne scheint. Es wird heute wieder warm und die ersten Kilometer bis zum Checkpoint sind fast komplett, bis auf ein paar kleine Wellen, flach und auf der Straße. Bis zum CP6 läuft das alles auch ganz gut. Zumindest in meiner Erinnerung.

Denn wenn ich mir das Profil auf meiner Strava-Aufzeichnung anschaue, waren da nicht nur “Wellen”. Über einen Berg, komme ich an einem Kloster vorbei und hinter dem Berg übernehmen die klassischen kleinen Fachwerkhäuser im Böhmischen Stil jetzt die Ortsbilder. 

Aber mir geht es gut. Es rollt leicht und mein Kopf spielt mir auch keine Streiche.

Aber erstmal muss ich durch eine riesige Baustelle. Die komplette Straße wird hier neu gemacht. Also muss ich mich dort irgendwie über die Sandberge und zwischen Baggern und LKWs hindurchgraben.

Dann komme ich aber durch eine historischen Altstadt in Vysoke Myto und nochmal nach 20 Kilometern bei CP6 an. Hier im Freibad könnte man nochmal duschen und Strom laden. Zelten wäre hier auch möglich gewesen. Aber mein Plan ist, die nächsten Tage zu pushen, bis es nicht mehr geht. Der Cut-off steckt mir nach meinen Rechnungen im Nacken und ich will am Samstag ganz entspannt im Ziel einrollen. Lisa ist schon hier und empfängt mich mit den Worten “Ich steige hier aus und nehme den Zug heim”. Meinen verdutzten Blick könnt ihr euch dazu denken. Sie war doch bis hierher so gut drauf? Glücklicherweise fängt sie an zu lachen. “Verarscht!”

Das wäre es ja jetzt noch gewesen. Hier bei CP6 ist ein Ausstiegspunkt, von dem man mit dem Zug gut nach Prag und dann nach Bad Schandau hätte zurückfahren können. Das steht auch so im Roadbook. Ich gehe noch kurz aufs Klo und dann stemple ich meine Karte ab. Als nächstes heißt es für mich, Essen und Trinken auffüllen. Die nächste Kaufhalle ist 1000 Meter weiter. Dort stehen schon einige Fahrer und haben die gleiche Idee. Für mich jetzt eine halbe Stunde Pause.

Dann geht es raus aus der heißen Stadt und die Sonne brennt. Über einen alten Bahndamm geht es nun den Berg hinauf. Teils ist das auch wieder schwer zu fahren. Denn der Track ist zum Singletrack geworden und zugewachsen. Dazu kommt noch, dass mir meine Laune gerade wieder einen Strich durch die Rechnung macht. Die Motivations-Achterbahn wieder. Früh gut drauf und man könnte nie etwas anderes machen und jetzt auf einmal den Stecker gezogen. Deshalb nochmals kurz anhalten, Eis und Waffeln kaufen. Eine halbe Melone gibt es auch wieder. Ein paar Kinder kommen mit dem Zug von der Schule und denen schenke ich den letzten Rest Melone, als ich mich wieder aufmache. 

Ein Kumpel, der immer Dotwatcht, schickt mir eine Nachricht, dass das Wetter die nächsten Tage für uns noch stabil bleibt und kein Regen auf dem Wetterradar in Sicht ist. Daraufhin schicke ich ihm ein Foto von einer Regenwolke und den Sätzen “Danke für die Info“. “Hier regnet es gerade, ich zieh mir jetzt die Regenjacke an.” Glücklicherweise ist das nur ein kurzer Sommerschauer mit ein paar Blitzen und nach 15 Minuten ist der Spaß wieder vorbei. Aber diese kleine Unterhaltung und der Humor, der die Situation gerade so gut beschreibt, hilft mir aus meinem Motivationsloch heraus und ab hier kann ich sagen, dass ich bis ins Ziel kaum noch mentale Probleme habe. Das war der Punkt des absoluten Turnover. Bis auf ein paar kleine Stellen, die aber nicht weiter erwähnenswert sind.

Gut, dass ich den Rucksack voll Lebensmittel geladen habe. Ab hier geht es jetzt knallhart in die Berge. Das Riesengebirge ruft lautstark. Von 400 Meter geht es auf 1100 Meter. Hier im Wald stehen überall Bunker. Diese wurden zwischen 1935 und 1938 von der damaligen Tschechoslowakei zur Verteidigung gegen das Deutsche Reich gebaut. Da dieses schon länger Anspruch auf Teile des Landes stellte. Mit dem Münchner Abkommen 1938, wurde diese Bunkerlinie, die es auch Richtung Österreich und Ungarn gibt, aber weitestgehend wertlos.

Soviel zur Geschichte.

Hier im Aufstieg zeigt sich aber wieder, wie die Leistung schwanken kann. Anfänglich fahre ich allein in den Berg ein. In der Mitte überhole ich zwei Fahrer, die sich gerade selber nach oben quälen und über den Gipfel, nach unten und dann wieder einen längeren Abschnitt nach oben, überholen mich beide sozusagen zurück.

Als ich oben ankomme, geht die Sonne gerade langsam unter und ich kann wieder einen dieser tollen Sonnenuntergangsmomente erleben, von denen ich schon so viel hatte, aber ich mich nicht satt sehen kann. Aber die hereinbrechende Nacht steht auch bevor.

Also stehe ich hier auf dem Gipfel, zwischen Skiliften auf der tschechisch-polnischen Grenze, am Beginn eines Mountainbike-Parks. Der ist zwar geschlossen, aber in der Whatsapp-Gruppe hieß es “einfach durch”. Naja, der Track ist der Track ist der Track, oder?

Also ab gehts.

Glücklicherweise können wir Zig-Zag und nicht Crazy Dad nehmen. Ganz angenehm, wenn man sich eingegroovt hat.

Schlimmer ist der 1500 Meter-Abschnitt etwas tiefer, durch nassen, schlammigen, fast schon überschwemmten Waldboden, über und unter umgekippten Bäumen und Gestrüpp entlang. Hier hat sicherlich lange keiner mehr gescoutet. Da hilft nur schieben bis zum nächsten MTB-Trail. Aber erstmal die Lampen an. Im Wald ist es jetzt nämlich sehr dunkel. Kurve für Kurve und Welle für Welle, geht es jetzt bergab. Als ich auf einer Asphaltstraße ankomme, bin ich aber schon froh, es endlich geschafft zu haben. Aber Pustekuchen. Auf einem Parkplatz an der Seite kann ich im Tal schon eine größere Stadt mit ihren Lichtern funkeln sehen. Vorher geht es nochmal in einen dritten MTB-Trail. Der ist wirklich gesperrt und auch nicht mehr gepflegt. Überall hohes Gras und im Dunkeln ist das auch eine schwierige Aufgabe. Die Konzentration und auch die Kraft lässt nach. Deshalb stürze ich auch in einer Kurve. Also ZACK. Sturz Nummer 2 in diesem Rennen. Aber nichts passiert, außer ein schmerzender kleiner Finger.

Irgendwann ist aber auch der Abschnitt bewältigt und ich komme in der polnischen Stadt Duszniki-Zdroj an. Frisch ist es hier unten im Tal mittlerweile und noch einiges los. Anscheinend eine touristische Stadt. Überall wird noch gefeiert. Ist heute Wochenende? Für mich verschwimmen die Tage irgendwie. Auf Google sehe ich, dass kurz vor dem Ortsausgang eine Tankstelle kommt und dort will ich erst einmal etwas essen.

Es ist jetzt ca. 22 Uhr und seit ca. 15 Uhr habe ich nicht mehr richtig gegessen, ohne das wirklich zu merken. Also erstmal ein warmes Baguette, Hot-Dog, Cola und auch noch einen Kääääpppppoooootscheinoooo. Dann noch den Rucksack voll machen mit Süßkram, für die Nacht. Kurz nach dem Ortsausgang, muss ich nochmals anhalten. Es ist hier jetzt richtig kalt geworden und ich ziehe mir das erste Mal in den letzten Tagen meine Beinlinge an. Justina und Jörg, mit denen ich auch am Berg konkurriert habe, kommen an mir vorbei, als ich mich umziehe. Wir reden bzw. beklagen uns kurz über die letzte Abfahrt und fahren jeder ins Dunkel weiter. Sie haben die gleichen Erfahrungen wie ich gemacht und sind froh, dass es jetzt etwas ruhiger weitergehen kann. Aber auch hier habe ich mich wieder mal geirrt. 

Es geht auf gepflasterten Wanderwegen durch einen Nationalpark. Hier sind alle 5 Kilometer frei zugängliche Hütten zum Grillen und Schlafen. Das tollste aber ist, dass es hier Solarstromgespeiste Säulen gibt, die blau in die Nacht strahlen. Hier kann man über USB und normale Steckdosen seine Geräte laden. Dazu sind auch Werkzeuge für Fahrräder sowie ein Kompressor für Luft integriert. Fahrradinfrastruktur, die ein Traum ist.

Da könnten sich einige touristische Hotspots mal eine Scheibe abschneiden.

Als ich ca. 0 Uhr wieder über die Grenze nach Tschechien fahre, leuchten mich in den Hütten die Schlafsäcke anderer Fahrer an. Justina, Jörg und auch Lisa liegen hier im Abstand von ca. 500 Metern voneinander entfernt. Ich bin jetzt auch etwas müde, aber irgendwie will ich noch etwas weiter kommen. Immer wieder halte ich an, schaue nach Schlafmöglichkeiten und verwerfe die Idee wieder.

Der Track wird aber hier auch nicht einfacher. Durch die Stille und Dunkelheit der Nacht geht es erst auf Asphaltstraßen und dann über schwer befahrbare Wanderwege, auf denen ich mein Rad meist schieben, teils tragen muss, weiter. Dabei sind diese Wege sicherlich in der Nacht noch schwerer zu befahren, als am Tag. Zwischen Sandsteinfelsen und über Katzenkopf großen Steinen geht es da teils steil bergab und bergauf. Ein letzter Aufstieg, an dem mir mein Navi wieder 22% anzeigt, geht es nach oben und dann bin ich an Checkpoint 7 angekommen. Ich stemple um 2.55 Uhr morgens ab und lege mich einfach vor die große Mauer, ins weiche Gras. Lange werde ich eh nicht schlafen. Warm ist es hier auch wieder einigermaßen. Also reicht der dünne Bivi. Noch schnell das Handy an die Powerbank und die Augen zu. Für 6 Uhr stelle ich mir den Wecker.

Bohemian Border Bash Part 5 or “I’m back”

Heho and all that, friends of fun pedaling.

Waking up in a hotel bed in the town of Zdar nad Sazavou. It’s nice and soft. Like a magnet in races like this and that’s why I usually avoid sleeping there. It’s just before 6 a.m. and I still have to charge the tracker. It has lost a good 20% of its battery overnight. So I head for the power socket. A quick Coke and the leftover cold pizza from last night for breakfast. Then off we go. 6.15 a.m. and the sun is shining. It’s getting warm again today and the first few kilometers to the checkpoint are almost completely flat and on the road, except for a few small waves. Everything goes quite well up to CP6. At least in my memory. Because when I look at the profile on my Strava recording, there weren’t just “waves”. Over a mountain, I pass a monastery and behind the mountain, the classic small half-timbered houses in the Bohemian style now take over the townscape. 

But I’m doing well. It rolls easily and my head isn’t playing tricks on me. But first I have to pass through a huge building site. The entire road here is being rebuilt. So I have to somehow dig my way over the mountains of sand and between excavators and trucks. After passing through a historic old town in Vysoke Myto, I arrive at CP6 after 20 kilometers. Here, in the outdoor pool, I could take another shower and recharge my batteries. Camping would also have been possible here. But my plan is to push on for the next few days until I can’t go any further. The cut-off is breathing down my neck according to my calculations and I want to roll into the finish line on Saturday completely relaxed. Lisa is already here and greets me with the words “I’m getting off here and taking the train home”. You can imagine the puzzled look on my face. She was in such a good mood up to this point, wasn’t she? Fortunately, she starts to laugh. “Fooled!”

That would have been it now. Here at CP6 is an exit point from which you could have easily taken the train to Prague and then back to Bad Schandau. That’s what the road book says. I go to the toilet and then stamp my card. My next task is to stock up on food and drink. The next supermarket is 1000 meters further on. There are already a few riders there with the same idea. Half an hour’s break for me now.

Then it’s out of the hot city and the sun is blazing. The route now climbs up the mountain over an old railroad embankment. This is also difficult to ride in parts. The track has become a singletrack and is overgrown. What’s more, my mood has just put a spanner in the works again. The motivational rollercoaster again. I was in a good mood early on and could never do anything else, but now I’ve suddenly pulled the plug. So I make another quick stop to buy ice cream and waffles. There’s also half a melon again. A couple of kids come back from school on the train and I give them the last of the melon as I set off again. 

A friend who always dotwatches sends me a message to say that the weather will remain stable for the next few days and that there is no rain in sight on the weather radar. I then send him a photo of a rain cloud and the words “Thanks for the info”. “It’s raining here right now, I’m going to put on my rain jacket.” Fortunately, it’s just a short summer shower with a few lightning bolts and the fun is over again after 15 minutes. But this little conversation and the humor, which describes the situation so well, helps me out of my motivational hole and from here on I can say that I hardly have any mental problems until the finish. That was the point of absolute turnover. Except for a few small spots, which are not worth mentioning.

It’s a good thing I’ve loaded my rucksack full of food. From here on, it’s a tough ride into the mountains. The Giant Mountains are calling loudly. From 400 meters it goes up to 1100 meters. There are bunkers everywhere here in the forest. These were built between 1935 and 1938 by the then Czechoslovakia as a defense against the German Reich. The latter had been laying claim to parts of the country for some time. With the Munich Agreement in 1938, however, this line of bunkers, which also existed in the direction of Austria and Hungary, became largely worthless.

So much for the history.

Here on the ascent, however, you can see again how performance can fluctuate. Initially, I enter the mountain alone. In the middle, I overtake two riders who are struggling upwards themselves and over the summit, downwards and then a longer section upwards again, they both overtake me back, so to speak.

When I reach the top, the sun is slowly setting and I can experience another one of those great sunset moments that I’ve had so many of but can’t get enough of. But nightfall is just around the corner. So I’m standing here on the summit, between ski lifts on the Czech-Polish border, at the start of a mountain bike park. It’s closed, but the Whatsapp group said “just go through”. Well, the track is the track is the track, right?

So off we go.

Quite pleasant once you get into the groove.

The 1500 meter section a little lower down is worse, through wet, muddy, almost flooded forest soil, over and under fallen trees and undergrowth. Nobody has scouted here for a long time. The only thing to do is push until the next MTB trail. But first, switch on your lights. It is now very dark in the forest. Bend after bend and wave after wave, the trail goes downhill. By the time I reach an asphalt road, I’m glad to have finally made it. But fiddlesticks. In a parking lot to the side, I can already see a large town with its lights twinkling in the valley. Before that, I take a third MTB trail. It’s really closed and no longer maintained. There’s tall grass everywhere and it’s a difficult task in the dark. My concentration and strength are waning. That’s why I crash in a bend. Crash number 2 in this race. But nothing happens, apart from a sore little finger.

Eventually this section is also completed and I arrive in the Polish town of Duszniki-Zdroj. It’s fresh down here in the valley now and there’s still a lot going on. Apparently it’s a tourist town. People are still celebrating everywhere. Is today the weekend? The days are somehow blurred for me. I see on Google that there is a petrol station just before the end of the town and I want to eat something there first. It’s now about 10 p.m. and I haven’t eaten properly since about 3 p.m. without really realizing it. So first a warm baguette, hot dog, Coke and a Kääääpppppoooootscheinoooo. Then I fill my rucksack with sweets for the night. Shortly after leaving the town, I have to stop again. It’s now really cold here and I put on my leg warmers for the first time in the last few days. Justina and Jörg, with whom I have also competed on the mountain, pass me as I change. We talk and complain briefly about the last descent and then each ride on into the dark. They have had the same experiences as me and are glad that they can now continue a little more calmly. But once again I was wrong. 

We continue on paved hiking trails through a national park. There are freely accessible huts for barbecuing and sleeping every 5 kilometers. But the best thing is that there are solar-powered pillars that shine blue into the night. Here you can charge your devices via USB and normal sockets. There are also integrated tools for bicycles and a compressor for air. Cycling infrastructure that is a dream.

Some tourist hotspots could take a leaf out of their book.

As I cross the border back into the Czech Republic at around midnight, the sleeping bags of other riders in the huts light me up. Justina, Jörg and Lisa are lying about 500 meters apart from each other. I’m a bit tired now too, but somehow I want to get a bit further. I keep stopping to look for places to sleep and then discard the idea.

But the track doesn’t get any easier here. Through the silence and darkness of the night, I continue first on asphalt roads and then on difficult trails, on which I mostly have to push my bike and sometimes carry it. These paths are certainly even more difficult to cycle on at night than during the day. Between sandstone cliffs and stones the size of a cat’s head, the route goes steeply downhill and uphill in places. One last ascent, where my sat nav shows me 22% again, then I arrive at checkpoint 7. I clock off at 3.30 a.m. and simply lie down in front of the big wall on the soft grass. I won’t be sleeping for long anyway. It’s also reasonably warm here again. So the thin bivi is enough. I quickly plug my cell phone into the power bank and close my eyes. I set my alarm for 6 o’clock.

Heho und so, Freunde des lustigen Pedalierens.

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