Heho und so, Freunde des lustigen Pedalierens.
Auf geht´s, los geht´s. Naja, nicht so ganz. Das Problem an Hotelbetten im Gegensatz zu einem Schlafsack, auf einer Tischtennisplatte auf einem Spielplatz ist, dass man da viel lieber und länger drin schläft. Also ist es erst 6.30 Uhr als ich erwache und alles zusammenräume. Noch ein kurzes Foto im Fahrstuhl und ab ins Fürstentum Liechtenstein. Dort immer am Rhein entlang. Die Sonne scheint, aber der Wind bläst wieder, wie die letzten Tage, stark ins Gesicht. Durch Vaduz, die Hauptstadt geht es dann nach knapp 20 Kilometern, über eine Brücke in die Schweiz. Viel länger ist Liechtenstein auch glaube gar nicht. Der Wind bleibt leider erstmal bis ich den ersten Berg durchs Tal umfahren habe. Danach, hurra!!!, Rückenwind. Ich scheppere mit einer schönen 35 im Durchschnitt dahin und halte an einem Kiosk. Die Dame ist mir sehr behilflich und “borgt” mir eine Büroklammer. Sim-Karte im Handy wechseln. Froh kann der sein, der in der Schweiz auch ein bezahlbares Handynetz hat. Ich habe noch meine Prepaid-Karte, aus meinem Arbeits-Aufenthalt in diesem wunderschönen Land. Noch ne Cola und ein Luftkuss für die nette Dame am Tresen und rauf auf mein Fahrrad. MEMO an mich: “Geborgte” Büroklammer zurückbringen! 😉
An der Ausfahrt zieht eine junge Frau mit ihrem E-Bike oder eher halbmotorisierten Bike, mit gelben Nummernschild vorbei und schaut sich immer wieder verdächtig nach mir um. Ich rolle langsam an sie ran und sie spricht mich an, ob ich auch einer dieser “Verrückten” aus Wien bin. Sie hätte gestern schon einen anderen Fahrer kennengelernt, der ganz locker mit 36 Km/h neben ihr hergefahren ist. Ich erkläre auch ihr dieses Prozedere. Nummer an der Mütze und dann kann man uns alle im Internet nachverfolgen. Sie hat sich schon etwas informiert und sagt, dass sie eher vom MTB-Sport kommt, aber das sehr sehr cool findet was wir machen. Leider muss sie sich nach einer viertel Stunde Gespräch verabschieden, da sie zu Hause angekommen ist, wünscht mir Glück und biegt rechts in eine Einfahrt ab. Jetzt fahr ich wieder allein. Aber endlich kommt der erste See mit glasklaren, eisig-blauen Wasser. Also Panoramen können die Schweizer! Und Uhren! Ach und deftige Preise! Hab ich was vergessen? Schoki glaube auch und Ovomaltine. Ein Bekannter hat mal gesagt Ovomaltine ist Gesetz! Zucker ist ja gerade in meiner Situation von Kaloriendefiziten den ganzen Tag ganz angebracht. Aber ich schweife ab…
Der Walensee ist ein kleiner Vorgeschmack zu den restlichen Panoramen und Seen in der Schweiz. Kleine Länderkunde gefällig? Die Schweiz besteht aus knapp 1500 Seen. Das sind knapp 4 % der Gesamtfläche des Landes. Der Großteil davon sind Bergseen. So, wieder was gelernt, vom Berndt! Und wenn ihr mal bei “Wer wird Millionär” diese Frage beantworten müsst, denkt bitte an mich und gebt was vom Gewinn ab!
Der nächste große See ist der Zürichsee. Da ist der Pfäffikondamm, “The Place to be” oder auch mein Sehnsuchtsort, der den See sozusagen halbiert. Dort kippe ich wieder ab und es geht erstmal wieder etwas nach oben in Richtung, na ihr werdet es vermutlich schon wissen, zum nächsten See. Also schnell am Zuger See vorbei, um dann durch Root, Derikon, Ebikon bis Luzern AN JEDER VERDAMMTEN SCHEIß ROTEN AMPEL ANHALTEN ZU MÜSSEN!!!! Das können die Schweizer also auch noch! ROTE AMPELN! UND DAS IN REIHE SCHALTEN! AHHHHHHH, ich flippe bald aus.
In Luzern am Vierwaldstättersee, den ich persönlich am schönsten finde, muss ich mich erstmal mit einer Melone ruhig stellen. Das Melonengame und runterkühlen hilft und mit wunderschönsten Panorama fahre ich jetzt weiter bis Stans um dort endgültig richtig in den Berg zu kacheln. Ab hier geht es jetzt 38 Kilometer bergauf bis zum Checkpoint 2, die Tannalp. Das Melchtal lasse ich unter mir und fahre Richtung Tannalp. An der Liftstation tanke ich nochmal Cola und irgendwas Süßes für später auf. Schnell aufs Klo und dann alles in die Trikottasche. Langsam geht die Sonne weg und ich möchte doch den Sonnenuntergang über den Alpen sehen. Als ich losfahren will, treffe ich das erste Mal Thomas, den ich die nächsten Tage noch ein paar Mal treffen werde. Er kommt nach 100 Metern zurück und erklärt mir, dass er erstmal sein Handy laden muss, da seine Powerbank leer ist. Das wird sein Running Gag die nächsten Tage! Mein eigener kommt dann noch später…
Der Aufstieg ist schon sehr hart. 7,5 Kilometer bei 10 – 12 %. Ich sende über Instagram einen ein Abschiedsgruß an alle, sobald jemand mein Handy findet oder ich wieder Netz habe. Ähnlich dem Video in dem Film Blair Witch Project. Mutti, Vati und Franzi, ich hab euch lieb. Victor, du bist kein richtiger Mensch! Ehrlich!!!
Der Aufstieg ist eine Stichstraße mit Einbahnstraßenregelung. Aller runde bzw. unrunde Stunde kann man mit Autos rauf bzw. runter fahren, da die Straße doch sehr eng ist. Nach dem steilen Aufstieg und den vielen Kurven, öffnet sich kurz vor dem Plateau der Wald und es erscheint ein landschaftlich wohl fast nicht zu übertreffendes Bild. Wunderschön hier. Der Sonnenuntergang bleibt mir zwar verwehrt, da um das Hochplateau immer noch Bergspitzen ragen, aber es ist einfach Atemberaubend. Oben am Melchsee und den angreifenden Killerkühen vorbei, fahre ich bis zur Tannalp und ziehe mich etwas wärmer, mit Beinlingen und Windjacke an, denn jetzt kommt das spezielle am CP2. Ich kann wieder runterfahren und den Berg komplett umfahren oder eine kurze 6 Kilometer lange Gravelstrecke befahren. Heißt, teilweise schieben. Die nächste Horde Killerkühe macht mir das nicht einfacher. Wer hier mehr Angst vor wem hat, ist fraglich. Ein wenig kann ich mit dem Rad fahren. Frage des Skills, ob man mit schmalen Reifen, auf diesem Untergrund fahren kann. Ich kann es, denke ich zumindest. Aber Hochmut kommt ja bekanntlich vor dem Fall. Auf der Abfahrt merke ich langsam, dass ich am Hinterreifen einen Schleicher habe. Also einen Platten, der ganz langsam Luft verliert. Ich fahre ja eigentlich Schlauchlos mit Dichtmilch, die die Löcher verschließen soll. Im Dunkeln muss ich mit Stirnlampe das Rad ausbauen und den Reserveschlauch einziehen. Muss ja aber irgendwas mit der Felge oder den Speichen sein, denke ich mir. Tja und so beginnt “mein” Running Gag für die nächsten Tage. 14 Kilometer Bergab bis Innertkirchen ins Tal geht das jetzt erstmal wieder ganz gut. Dort such ich mir einen schönen kleinen Bahnhof und schlaf dort draußen auf einer Bank. Ist ja schön warm. Eine Toilette hab ich auch. Morgen geht es über den Grimselpass ins geliebte Wallis!